Gestern wurde bekannt, dass die Lufthansa versucht, den Bahnstreik zu nutzen, um den Umsatz in Deutschland kurzfristig anzukurbeln. Doch dies dürfte nur einen überschaubaren Effekt auf das vermutlich erneut tiefrote Konzernergebnis haben. Die Aussagen von CEO Carsten Spohr Anfang der Woche geben jedenfalls nur wenig Grund zum Optimismus.
So betonte Spohr: "Wir bereiten uns darauf vor, dass das noch mal ein langer, kalter Winter wird für uns als Airline.“ Die selbstgesteckten Ziele für das laufende Jahr sieht Spohr zwar nicht in Gefahr, ist aber deutlich pessimistischer als zuletzt, was die Öffnung wichtiger Fernflugmärkte anbelangt. Für den wichtigen Nordamerika-Markt traue er sich aktuell keine Prognose mehr zu, sagte Spohr. Noch zur Vorstellung der Halbjahreszahlen hatte er Ende September als konservativ geschätzten Termin genannt, zu dem geimpfte Europäer wieder in die USA einreisen könnten. China werde voraussichtlich nicht vor dem zweiten Quartal nächsten Jahres aufmachen, schätzt er nun.
40 Prozent bleiben das Ziel
"Der Weg zur Normalität wird für uns länger dauern als für viele andere", sagte Spohr mit Blick auf die bereits wieder sprudelnden Gewinne vieler DAX-Konzerne. Lufthansa sei schon froh, wieder bei 50 Prozent des Geschäftsvolumens angekommen zu sein. Ziel bleibe es aber, als eine der Top-5-Airlines der Welt die Krise hinter sich zu lassen.
Der Multi-Airline-Konzern verpasst zudem die eigene Ankündigung, im September wieder "nahezu alle" Ziele anzubieten wie vor der Pandemie. Spohr nannte am Montag die Zahl von 280 Destinationen, die man wieder anfliege im Vergleich zu rund 300 Zielen vor der Corona-Krise. Die Flugzeuge der Konzernmarken Lufthansa, Swiss, Austrian oder Brussels Airlines fliegen zudem seltener und sind in der Regel auch schwächer ausgelastet. Für das laufende Jahr bleibe das Ziel von 40 Prozent Kapazität erreichbar, sagte Spohr.
Frachtsparte bereitet Freude
Lichtblick bleibe die Frachtsparte Lufthansa Cargo, die im laufenden Geschäftsjahr mindestens eine Milliarde Euro operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) einfliegen werde, sagte der Konzernchef. Zum Vergleich: Als er selbst vor zehn Jahren in den Lufthansa-Vorstand eingezogen sei, sei eine Milliarde Euro operativer Gewinn das Ziel für den Gesamtkonzern gewesen. Schon 2020 hatte die Frachtsparte mit einem Rekordgewinn von 772 Millionen Euro die Verluste der Passagiergesellschaften gelindert. Sie profitierte von weggefallenen Beilademöglichkeiten bei der Konkurrenz und von Problemen bei der Seefracht.
Spohr zeigte sich optimistisch, den notwendigen Personalabbau zu meistern. Aktuell zähle die Lufthansa mit rund 110.000 Beschäftigten rund 30.000 weniger als vor Corona. Auch in der Belegschaft der deutschen Stammgesellschaft gebe es eine gute Resonanz auf die angebotenen Abfindungsprogramme. Laut Lufthansa sollen in Deutschland noch rund 5.000 Lufthanseaten gehen. Mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit gibt es allerdings noch keine tarifliche Regelung über das Frühjahr kommenden Jahres hinaus.
Das Marktumfeld für die Lufthansa dürfte äußerst rau bleiben. Zudem dürfte eine Kapitalerhöhung wohl unausweichlich werden, um die Staatshilfen (die ansonsten von Jahr zu Jahr teurer werden) zurückzuzahlen. Da sich der Kurs außerdem in einem intakten Abwärtstrend befindet, sollten Anleger die Aktie weiterhin meiden.
Mit Material von dpa-AFX
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