Die Aktien der Chipgiganten werden heute reihenweise abverkauft – mit einer Ausnahme. Intel stemmt sich erfolgreich gegen die tiefroten Vorzeichen bei ASML, Broadcom, Nvidia und TSMC. Hintergrund sind auch hier die wieder aufgeflammten Handelskriegsängste. Im Gegensatz zur Konkurrenz spielen sie Intel in die Karten.
Die Aktien von Intel stiegen heute zeitweise um bis zu 8,2 Prozent. Im weiteren Handelsverlauf pendelten sie sich immerhin noch bei einem leichten Plus ein. Das ist vor allem vor dem Hintergrund, dass nahezu alle andern Chipriesen heute abverkauft wurden, bemerkenswert.
Marktbeobachter führen die Diskrepanz auf Äußerungen des ehemaligen Präsidenten Donald Trump zurück. Der republikanische Präsidentschaftskandidat warf die Frage auf, ob die USA Taiwan im Falle einer chinesischen Invasion verteidigen würden und ob der asiatische Inselstaat für diese Verteidigungsleistung bezahlen müsse.
Taiwan ist nicht zuletzt Sitz von Taiwan Semiconductor (TSMC), das derzeit führend in der Herstellung hochentwickelter Chips ist und wo praktisch alle modernen Chips hergestellt werden. Wenn China Taiwan überfallen und den Chipverkauf in die USA unterbinden würde, könnte dies zu einer wirtschaftlichen Katastrophe führen.
Intel versucht sich in diesem Szenario als sichere Alternative zu positionieren, da es neben dem koreanischen Samsung-Konzern der einzige Chiphersteller ist, der abseits von TSMC noch über hochmoderne Fertigungsanlagen verfüge.
Unter CEO Pat Gelsinger investiert Intel erheblich in den Aufbau eines hochmodernen Gießerei-Ökosystems für Drittparteien, um mit TSMC konkurrieren zu können. Der Chipkonzern baut derzeit Fertigungsstätten in Arizona, Ohio, Oregon, Israel, Irland und Deutschland auf oder erweitert sie. Das Unternehmen will damit ein geopolitisch sicherer Standort für Entwickler fortschrittlicher Chips werden, die ihre Produktion ganz oder teilweise aus Taiwan verlagern möchten.
Im Gegensatz zum heutigen Handelstag ist die Intel-Aktie in der ersten Jahreshälfte der Konkurrenz um Nvidia, TSMC und Super Micro Computer deutlich hinterhergehinkt. Mit neuen Chips will Intel aber wieder Fuß fassen. Die Geopolitik könnte dem Konzern dabei tatsächlich zugute kommen. Auch charttechnisch hat sich das Bild zuletzt etwas aufgehellt. Zeit, die Aktie wieder auf die Watchlist zu nehmen.