Infineon profitiert zwar vom anhaltenden Chipboom, wurde im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2020/21 allerdings etwas ausgebremst. An der Börse wurden die Zahlen zunächst verhalten aufgenommen. Doch dann drehte die Aktie des Chipherstellers kräftig auf. Analysten heben den Daumen. Die Hintergründe.
„Die Nachfrage nach Halbleitern ist ungebrochen, sie sind der Schlüssel für die Energiewende und die Digitalisierung. Dem steht eine weiterhin sehr angespannte Liefersituation gegenüber“, so Infineon-Vorstand Reinhard Ploss bei der Vorlage der Q3-Zahlen am Dienstag.
Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen der Fertigungskapazitäten in Melaka (Malaysia) und den Nachwirkungen des Wintersturms in Austin (USA) wurden die Umsätze im dritten Quartal gegenüber dem Q2 nur um ein Prozent auf 2,72 Milliarden gesteigert. Vor allem das wichtige Automotive-Segment war betroffen. Das beachtete Segmentergebnis-Marge erhöhte sich auf 18,2 Prozent (Vorquartal: 17,4 Prozent).
An der Börse wurden die Zahlen zunächst verhalten aufgenommen. Nach einem Schlusskurs am Vortag von 33,41 Euro rutschte die Aktie im frühen Handel auf 31,60 Euro ab. Vorstand Ploss machte während einer Telefonkonferenz aber unter anderem deutlich, dass die fehlenden Umsätze aus Malaysia nicht verloren, sondern nur verschoben sind. Die Aktie konnte die Verluste schnell wieder wettmachen und ins Plus drehen und sich im Anschluss weiter von den Tiefstständen lösen.
Kein Wunder: Die Orderbücher sind prall gefüllt. Infineon hat mittlerweile Aufträge für fast zwei Jahre an Land gezogen. Um die rasant steigende Nachfrage zu befriedigen, hat der Chipriese investiert. Mit der neuen Fabrik in Villach werden die Produktionskapazitäten spürbar gesteigert und mögliche Engpässe ausgeglichen. Die offizielle Eröffnung steht erst für September an. Der Betrieb wurde aber bereits aufgenommen. Beim Umsatz wird sich dies dann ab dem im Oktober beginnenden ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres 2021/22 bemerkbar machen.
Analysten bleiben mit Blick das kommende Fiskaljahr zuversichtlich: Der Chip-Hersteller sei gut positioniert, um von einem Wachstum der automobilen Endabnehmermärkte zu profitieren, so Analyst Alexander Duva von Goldman Sachs. Er hat das Kursziel von 43,60 auf 45 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen.
Bei der Societe Generale („Buy“) wird die Aktie nun bei 42,50 Euro (bislang: 41,50 Euro) fair bewertet gesehen. Produktionsprobleme in Malaysia hätten den Umsatz des Chip-Herstellers jüngst belastet, so Analyst Aleksander Peterc. Er erhöhte aber das Kursziel auf der Basis eines um drei Monate verschobenen Bewertungshorizonts. Vor dem Kapitalmarkttag im Oktober böten sich gute Chancen zum Einstieg.
Berenberg bleibt bei „Kaufen“ mit Ziel 45 Euro. Der Chip-Hersteller sei gut positioniert für weiteres Wachstum, so Analystin Tammy Qiu. Der Fokus am Markt richte sich nun auf die Nachfrage der Endabnehmer im kommenden Jahr und darauf, ob das Unternehmen hierfür ausreichend Kapazitäten habe.
Die aktuell guten Aussichten für die Geschäftsentwicklung sind laut dem Investmenthaus Liberum bereits im Aktienkurs eingepreist. Analyst Janardan Menon schätzt zwar den soliden Auftragsbestand des Halbleiterherstellers. Doch die besten Zeiten könnten bald hinter dem Unternehmen wie auch der Halbleiterbranche liegen. Der Analyst hält es für möglich, dass der aktuelle Nachfragezyklus schon im September sein Hoch erreichen könnte - auch wenn er beim genauen Zeitpunkt gewisse Unwägbarkeiten einräumt. Anschließend werde es zwar nicht zu einem abrupten Einbruch kommen, die Wachstumsraten dürften aber kontinuierlich sinken. Grundsätzlich dürfte die Nachfrage im Zuge der Elektromobilität aber hoch bleiben, so dass die Gewinnrisiken begrenzt seien. Menon stufte die Infineon-Papiere von "Kaufen" auf "Halten" ab und senkte das Ziel von 37 auf 36 Euro.
DER AKTIONÄR hält an seiner grundlegend positiven Einschätzung fest. Das durchschnittliche Kursziel aller Analysten liegt bei 40 Euro. Die strukturellen Wachstumstreiber und Trends sind intakt. Solange die charttechnische Unterstützung im Bereich um 31/32 Euro und die 200-Tage-Linie hält, bleibt das Hoch von Anfang April bei 37,31 Euro das nächste Ziel. DER AKTIONÄR spekuliert im Real-Depot weiter mit Hebel auf steigende Kurse.
Hinweis auf Interessenkonflikte gemäß § 85 WpHG: Derivate auf Infineon befinden sich im Real-Depot von DER AKTIONÄR.