Infineon hat am Dienstag mit der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal seine Prognose für das laufende Jahr 2023/24 zum zweiten Mal in Folge gesenkt. Investoren richten den Blick bereits nach vorne und setzen darauf, dass die Talsohle durchschritten nun ist. Die Aktie schoss prozentual zweistellig nach oben. Auch bei den Analysten gehen die Daumen für den DAX-Konzern weiter nach oben.
Infineon blicke "zurückhaltend" auf den Rest des Geschäftsjahres, erklärte Konzernchef Jochen Hanebeck bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal. Für das laufende Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) erwartet der Halbleiterkonzern daher nun noch etwa 15,1 Milliarden Euro Umsatz plus/minus 400 Millionen Euro (Vorjahr: 16,3 Milliarden Euro). Das sind in der Mitte der Spanne 900 Millionen weniger als zunächst in Aussicht gestellt.
Die Segmentergebnismarge, die das operative Ergebnis abbildet, wird bei etwa 20 Prozent gesehen. Im vergangenen Geschäftsjahr standen hier noch 27 Prozent zu Buche. Zuvor hatte Infineon eine Segmentergebnismarge im niedrigen bis mittlerer 20er-Prozentsatz ausgegeben.
Belastend wirken vor allem eine spürbare Wachstumsverlangsamung im Automobilgeschäft und eine Nachfrageschwäche bei konsumnahen Anwendungen sowie hohe Lagerbestände bei Kunden und Distributoren. Analysten hatten im Vorfeld daher im Schnitt nur noch mit einem Umsatz mit 15,6 Milliarden Euro und einer Marge von 21,4 Prozent gerechnet. Sie stellten sich nun die Frage: War das die letzte Prognosekürzung?
Jefferies-Analyst Janardan Menon glaubt, dass mögliche weitere Kürzungen allenfalls sehr moderat ausfallen würden, der aktuelle Ausblick könne sich aber ebenso gut bereits als zu konservativ erweisen. Der Lagerbestandsabbau in den Bereichen Automobil und Industrie stehe jedenfalls wohl kurz vor dem Abschluss. Mit Blick auf langfristig starke Aussichten von Infineon riet Menon, jede Kursschwäche zum Kauf zu nutzen.
Laut der Expertin Sara Russo von Bernstein haben die Aktionäre nach der erneuten Senkung der Jahresziele inzwischen eine gute Vorstellung vom „Boden“ der Prognosen. Zudem stünden die Zeichen auf zyklische Erholung. Dafür sprächen nicht nur die Signale für das dritte Geschäftsquartal, sondern auch eine für die Jahresziele notwendige, starke Belebung im letzten Jahresviertel. So besänftigt dürften die Anleger bereits über 2024 hinaus schauen auf die langfristigen Wachstumstrends, so Russo.
Besonders interessant: Während einer Telefonkonferenz zum Quartalsbericht hat der Vorstand dem Vernehmen nach klargemacht, dass der viel zitierte „Boden“ erreicht sei. Zudem wurde deutlich, dass die drei größten Prozessorenhersteller inzwischen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) auf Infineons Chips vertrauten. Gerade im Falle von Nvidia sei man sich bisher nicht so sicher gewesen.
Bestätigt sich die Vermutung, dass dies die letzte Prognosesenkung war und der heimische Chipriese die operative Talsohle tatsächlich hinter sich gebracht hat, dürfte die Aktie wieder Kurs auf die 40-Euro-Marke und mehr nehmen. Nach dem gestrigen Kursfeuerwerk würde eine kurze Verschnaufpause aber auch nicht überraschen. Anleger mit Weitblick halten daher weiter an ihrer Position fest.