Das grüne Licht aus den USA für die Übernahme des Konkurrenten Cypress Semiconductor hat Analysten, Investoren und vermutlich auch die Verantwortlichen bei Infineon im von Coronavirus und Konjunktursorgen geprägten Marktumfeld beruhigt – zumindest etwas. Doch was verspricht sich der Chipkonzern von dem Milliarden-Deal?
„Die geplante Übernahme von Cypress ist ein großer und richtungsweisender Schritt bei der strategischen Weiterentwicklung von Infineon“, sagte Vorstand Reinhard Ploss bei der Ankündigung des Deals im Juni 2019. „Mit der Transaktion können wir unseren Kunden das umfassendste Portfolio für die Verbindung der realen mit der digitalen Welt anbieten.”
Mit den US-Amarikanern erhalten die Münchner Zugriff auf wichtige Kommunikationschips für die vernetzte Welt und auf stark gefragte Mikrocontroller – und sparen sich damit die Kosten und die Zeit, diese selber zu entwickeln. Am Ende dürfte der Konzern seinem Ziel näherkommen, komplette Systeme aus einer Hand anzubieten, statt nur einzelne Produkte im Programm zu haben.
Die Transaktion macht das Geschäftsmodell noch robuster. Doch Infineon zahlt dafür einen hohen Preis. Den Deal will sich der heimische Chipriese insgesamt neun Milliarden Euro kosten lassen. Folge: Eine Kapitalerhöhung und neue Milliardenschulden, die samt Zinsen beglichen werden müssen, egal wie sich die globale Wirtschaft in den kommenden Jahren entwickelt.
Ob das im Juni 2019 kommunizierten Prognosen noch aufrecht erhalten werden können, muss sich erst zeigen. Damals peilte Infineon nach der Transaktion ein Umsatzwachstum von neun Prozent, eine Segmentergebnis-Marge von 19 Prozent und eine Investitionsquote von 13 Prozent an. Der Konzern erwartete zudem Kostensynergien von 180 Millionen Euro – und erhebliche Umsatzsynergien von 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro, die sich aber auch erst in einigen Jahren einstellen dürften. Die ersten Beiträge dürften also noch auf sich warten lassen. Keine leichte Aufgabe für ein besonders konjunkturabhängiges Unternehmen, in Zeiten wie diesen Investoren und Analysten von Wachstumschancen in der fernen Zukunft zu überzeugen.
Wie geht es weiter? Die wirtschaftliche Lage an vielen Endmärkten bleibt unsicher – nicht nur wegen dem Coronavirus und seinen Folgen. Das trifft die Wettbewerber ebenso wie Infineon. In China verzeichnen erste Unternehmen aber eine leichte Erholung des Geschäfts. Das macht Hoffnung.
Ungeachtet dessen bleiben die langfristigen Aussichten in den wichtigen Zielmärkten des heimischen Chipriesen wie Elektromobilität, automatisiertes Fahren, erneuerbare Energien, Rechenzentren und mobile Kommunikation unverändert gut. Die Münchner sind hier mit der Cypress-Übernahme sogar noch besser positioniert.
Die Anleger mit Weitblick können nach dem Kauf einer ersten Position (um für den Fall einer Gegenbewegung positioniert zu sein) mit gestaffelten Kauflimits agieren. Ein erstes Limit wird bei 15,00 Euro, das zweite bei 14,75 Euro platziert. Der Rest bleibt vorerst an der Seitenlinie und wartet eine Stabilisierung der Märkte ab.