Ab dem 1. Mai sind Flugreisen teurer. Denn der Staat hat die Steuer auf Flugtickets von deutschen Abflugorten erneut angehoben. Das hat Folgen für Urlauber. Denn die Fluggesellschaften dürfen die erhöhten Steuern an die Reisenden weitergeben, sogar für bereits gebuchte Flüge. TUI hat jedoch rückwirkende Preiserhöhungen ausgeschlossen.
Seit dem 1. Mai liegen die Steuersätze pro Flug ab einem deutschen Flughafen je nach Endziel der Reise zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket. Bislang waren in drei Entfernungsklassen zwischen 12,48 Euro und 56,91 Euro fällig. Die Steigerung zu den erst 2020 kräftig erhöhten Sätzen beträgt also zwischen 22,5 und 24,5 Prozent.
In der EU erheben nur 9 von 27 Mitgliedsstaaten überhaupt eine Ticketsteuer. Die deutsche Abgabe gehört mit zu den höchsten. Die Erhöhung betrifft sämtliche Passagierflüge, die von deutschen Flughäfen abheben. Die Steueranhebung ist Teil des Maßnahmenpakets, mit dem die Bundesregierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Milliarden-Löcher im Haushalt stopfen will. Die Airlines dürfen die erhöhten Steuern an die Reisenden weitergeben.
Auch Pauschalreisen teurer
Wirtschaftsunternehmen wie Airlines oder Reiseanbieter geben die zusätzlichen Kosten meist an ihre Kunden weiter. Daher dürften Tickets nun teurer werden, auch Pauschalreisen.
Allerdings machen Steuern und Abgaben nur einen Teil des Preises einer Pauschalreise aus. Zu Buche schlagen vor allem die Kosten für den Einkauf von Hotel-Kontingenten und Flugkapazitäten. Wie sich diese entwickeln hängt auch von der allgemeinen Preisentwicklung im jeweiligen Urlaubsland ab.
Bei den reinen Flugtickets wirkt sich die Konkurrenzsituation aus, die auf der jeweils gebuchten Strecke herrscht. Ist dort nur ein Anbieter unterwegs, werden die höheren Steuern voraussichtlich im vollen Umfang an die Kunden weitergegeben, was bei scharfer Konkurrenz nicht so einfach ist.
Lufthansa trägt die April-Gebühren
Obwohl die Steuern erst seit gestern erhoben werden, können Airlines und Reiseveranstalter von ihren Kunden sogar nachträglich die Steuern einfordern. Denn das entsprechende Steuergesetz ist bereits Ende März in Kraft getreten, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits etliche Flugtickets und Pauschalreisen für die Zeit nach dem 1. Mai verkauft waren. Die Unternehmen durften bereits ab 28.März die höheren Ticketsteuern in ihre Endpreise einberechnen.
Die irische Fluggesellschaft Ryanair hat dem Fachblatt fvw zufolge betroffene Passagiere aufgefordert, die Tickets zu stornieren oder die höheren Steuern nachzuzahlen. Ob der Verweis auf die AGB rechtmäßig ist, ist laut Verbraucherschützern jedoch fraglich.
Bei Flugtickets sieht der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) dennoch keine rechtliche Grundlage für Nachforderungen. Entsprechend hat zum Beispiel die Lufthansa bei frühzeitig verkauften Tickets die erhöhte Steuer selbst getragen, wie eine Sprecherin versicherte. Eine Summe wurde nicht genannt.
Reiseveranstalter dürfen rückwirkend erhöhen
Anders sieht die Rechtslage für Reiseveranstalter aus: Sie dürfen unter bestimmten Bedingungen die nachträglich erhöhten Kosten an ihre Touristen weitergeben. "Der Vertrag muss das vorsehen und zugleich einen Hinweis darauf enthalten, dass auch umgekehrt der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen kann, wenn beispielsweise der Kerosinpreis sinkt", erläutert Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Erhöhungen nach Vertragsabschluss seien unter diesen Voraussetzungen möglich bei höheren Treibstoffkosten, Erhöhung von Steuern und sonstigen Abgaben für vereinbarte Reiseleistungen oder Änderung der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse. Der Veranstalter müsse die Berechnung der Preiserhöhung offenlegen und die Urlauber spätestens 20 Tage vor Reisebeginn darüber informieren.
Veranstalter wie Branchenprimus TUI und die Nr.2 DER Touristik haben rückwirkende Preiserhöhungen jedoch ausgeschlossen. Ein TUI-Sprecher bestätigte gegenüber dem AKTIONÄR: "Eine nachträgliche Belastung bei bereits für den Sommer erworbenen Tickets ist nicht vorgesehen."
Längerfristige Folgen für den Luftverkehr
Deutschland ist ein teures Pflaster für Passagierflüge geworden. In den vergangenen Jahren wurde nicht nur die Luftverkehrsteuer erhöht. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Passagier- und Gepäckkontrollen, für die Leistungen der Fluglotsen auf der Strecke wie beim Starten und Landen und für die Abfertigung an den Flughäfen.
Beim Start eines(!) Mittelstreckenjets vom Typ Airbus A320 werden an deutschen Flughäfen rund 4.000 Euro staatliche Abgaben fällig, klagt die Lufthansa in ihrem jüngsten Politikbrief. Der gleiche Start in Madrid oder Barcelona werde hingegen nur mit 600 Euro belastet.
Branchenverbänden zufolge haben die hohen Abgaben auch langfristige Auswirkungen. Während das Sitzplatzangebot hierzulande erst rund 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, wird in den meisten anderen europäischen Ländern längst wieder so viel geflogen wie vor der Pandemie.
Billiggesellschaften wie Ryanair, EasyJet oder Wizz Air setzen ihre Flugzeuge vorwiegend in Märkten mit geringeren Eingangskosten ein, weil sie dort einfacher ihre Gewinnschwelle erreichen. Ihr Angebot von Flügen mit billigen Tickets wächst in Italien, Spanien oder Polen, während es für die Konsumenten in Deutschland schon deutlich geschrumpft ist. Eine Umkehr könne es nur geben, wenn die Kosten an den deutschen Flughäfen sinken, hat Ryanairs Marketing-Chef Dara Brady erst kürzlich wieder erklärt.
Die Aktien von Fluggesellschaften wie Lufthansa und Reiseanbietern wie TUI belasteten die höheren Ticketsteuern zunächst nur wenig. Sie werden sich wohl vor allem mittel- und längerfristig auf die Buchungen auswirken. Am Donnerstag-Vormittag rutscht die TUI-Aktie im abgeschwächten Xetra-Umfeld etwa ein halbes Prozent auf 6,60 Euro. Sie hält sich damit weiterhin oberhalb ihrer 200-Tage-Linie, die derzeit bei 6,23 Euro fast waagerecht verläuft.
Die Lufthansa-Aktie kann im MDAX jedoch bis zum Mittag gut zwei Prozent zulegen. Grund: Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Aktie der Fluggesellschaft von "Underperform" auf "Market-Perform" hochgestuft. Im Tarifstreit habe die Lufthansa eine weitere Einigung erzielt und die Bereiche Technik und Cargo verbesserten sich, schrieb Analyst Alexander Irving in einer aktuellen Studie. Angebotsengpässe stützten die Preise. Die Aktie der Lufthansa erscheine nun fair bewertet, das Kursziel ließ er bei 7 Euro (aktuell 6,87 Euro).
Die höheren Preise für Flugtickets verteuern Reisen weiter. Passagiere weichen womöglich auf günstigere Alternativen aus. Die Fluggesellschaften müssen daher damit rechnen, dass erhoffte Zuwächse schwieriger werden. TUI wendet sich derweil immer mehr dem Luxus zu. Im höherpreisigen Segment interessieren die Urlauber höhere Ticketsteuern nur unterdurchschnittlich.
Die TUI-Aktie ist derweil zwischen GD50 und GD200 'gefangen'. Erst ein Ausbruch über die Widerstandszone bei 7,40 Euro würde neues Potenzial eröffnen. Nach unten sollte der 200-Tage-Durchschnitt nicht nachhaltig unterschritten werden. Sonst würden wohl weitere Kursrückgänge folgen. TUI bleibt derzeit eine Halteposition.
(Mit Material von dpa-AFX)
Hinweis auf Interessenkonflikte
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