Die Konjunkturflaute, eine allgemeine Branchenschwäche, der Vertrauensverlust nach einer überraschenden Gewinnwarnung im Herbst 2023 und das desaströse Chartbild sprechen bei der Aktie von HelloFresh eigentlich eine eindeutige Sprache. Doch es gibt auch das vielzitierte Licht am Ende des Tunnels. Steht die Aktie vor einem nachhaltigen Comeback?
HelloFresh wurde während der Pandemie für seine Kochboxen an der Börse gefeiert, während Restaurants im Lockdown zeitweise geschlossen blieben oder Kontakte im öffentlichen Raum untersagt waren. Mit dem Ende der Einschränkungen und der Rückkehr zur Normalität schrumpfte die Nachfrage nach den Kochboxen – und der Aktie. Seit dem Rekordhoch im November 2021 hat der Titel in der Spitze über 90 Prozent verloren.
Doch trotz der aktuellen Konsumzurückhaltung wächst HelloFresh – wenn auch nur leicht. Die bisher noch wenig beachteten ergänzenden Angebote wie die Fertiggerichte – so genannte Ready-To-Eat-Produkte – könnten hier für frische Impulse sorgen. Dazu wurde im November 2020 mit Factor ein führender US-amerikanischer Anbieter von fertig zubereiteten, gesunden und frischen Mahlzeiten übernommen. Dessen Wachstum konnte sich durch Kapazitätsengpässe 2023 dem Vernehmen nach nicht voll entfalten. Denn eine Produktionsstätte für Fertiggerichte in Arizona konnte wegen Engpässen bei Personal und Wasserversorgung nicht so schnell hochfahren wie geplant. Und in Illinois dauerte die geplante Wartung einer Produktionsstätte länger als angenommen.
Mit der daraus resultierenden Gewinnwarnung vom 16. November kurz nach den 9-Monatszahlen hat sich die Talfahrt dann noch einmal beschleunigt. Der Vorstand erklärte aber, dass die operativen Bremsspuren in den USA nur temporärer Natur seien. Im laufenden Jahr 2024 könnte also wieder eine Belebung möglich sein. Die nächsten Zahlen, die es offiziell erst im März gibt, dürften zeigen, ob er recht behalten hat.
Während das Fertigmahlzeiten-Geschäft überzeuge, schwächelten die Kochboxen, heißt es passend dazu bei Morgan Stanley. Der Markt unterschätze das Potenzial mit Fertigessen in Nordamerika und Europa. Die Factor-Sparte alleine rechtfertige derzeit die stark gesunkene Marktbewertung. Sie sehen die HelloFresh-Aktie daher erst bei 17 Euro fair bewertet. Daraus resultiert ein Kurspotenzial von knapp 30 Prozent.
Analysten erwarten für 2024 im Durchschnitt beim Gewinn je Aktie einen Anstieg mehr als 0,90 Euro (2023e: 0,43 Euro). Daraus würde ein KGV von 15 resultieren.
Sicher, die Ausgangssituation könnte besser sein. Die Entwicklung von Umsatz, Kosten und Margen ist mit Unsicherheiten behaftet. Doch zeigen die nächsten Zahlen erste Anzeichen einer Verbesserung beim Umsatz- und Gewinnwachstum, dürfte die Kapitalflucht enden und eine Gegenbewegung starten, bei der dann auch der eine oder andere Short-Seller seine Position eindecken müsste. Risikobewusste Anleger können auf dem aktuellen Niveau daher einen ersten Fuß in die Tür stellen. Aber: Bleibt die operative Trendwende aus, droht eine Fortsetzung der Talfahrt. DER AKTIONÄR setzt im Real-Depot auf steigende Kurse.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Aktien von HelloFresh befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.