Für die Aktien der beiden britischen Energieriesen Shell und BP dürfte es im heutigen Handel wieder Gegenwind geben. Denn die Ölpreise haben am Dienstag ihre deutlichen Abschläge vom Vortag ausgeweitet. So sind im gestrigen Handel die beiden für die Finanzmärkte wichtigen Ölsorten unter die Marke von 100 US-Dollar gefallen.
Am Nachmittag wurde ein Barrel der Nordseesorte Brent mit 100,93 Dollar gehandelt. Das waren 5,85 Dollar weniger als am Vortag. Zeitweise war der Brent-Preis bis auf 97,44 Dollar gefallen. Der Preis für ein Fass WTI sank um 5,91 Dollar auf 96,94 Dollar.
Schon am Vortag waren die Ölpreise deutlich unter Druck geraten. Von ihren mehrjährigen Höchstständen, die sie im Zuge des Ukraine-Kriegs vor gut einer Woche markiert hatten, haben sich die Preise mittlerweile deutlich entfernt. Ein Fass Brent hatte in der Spitze rund 139 Dollar gekostet, ein Fass WTI war mehr als 130 Dollar wert gewesen.
Hintergrund der jüngsten Preisabschläge sind zum einen neue Gespräche zwischen Russland und der Ukraine, die Hoffnungen auf eine Annäherung der Kriegsparteien aufkeimen lassen. Rohstoffexperte Carsten Fritsch von der Commerzbank sprach von Hoffnungen auf einen Waffenstillstand in der Ukraine.
Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin haben die Zuversicht allerdings gedämpft. Die Ukraine habe "keine ernsthafte Einstellung zur Suche nach für beide Seiten akzeptablen Lösungen", sagte er in einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Charles Michel. Die Hoffnung auf Fortschritte bei den Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine über eine Beendigung der Kriegshandlungen, hatten zuletzt noch für Zuversicht gesorgt. Die Ölpreise stiegen daraufhin etwas über ihre Tagestiefstpreise.
Corona wird wieder zum Thema
Einen weiteren Grund für die schwächeren Ölpreise sehen Beobachter in chinesischen Maßnahmen gegen neue Corona-Ausbrüche. China reagiere scharf auf den stärksten Anstieg der Corona-Infektionszahlen seit dem Ausbruch in Wuhan vor gut zwei Jahren, sagte Experte Fritsch. Davon betroffen sind auch Metropolregionen wie Shanghai und Shenzhen.
Der scharfe Kurs, auch als "No-Covid-Strategie" bekannt, sieht weitgehende Lockdowns selbst bei kleineren Corona-Ausbrüchen vor. Das Vorgehen belastet die wirtschaftliche Erholung.
Zudem gibt es auch Fortschritte bei den Gesprächen über das iranische Atomabkommen. Russland sieht nach Angaben von Außenminister Sergej Lawrow einen Teil seiner Forderungen im Zusammenhang mit dem iranischen Atomabkommen erfüllt. Es sei schriftlich garantiert, dass Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine nicht die russische Nuklearzusammenarbeit mit dem Iran treffen werden. Das sagte Lawrow am Dienstag in Moskau nach einem Gespräch mit seinem iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian. Eine Einigung könnte zu einer Aufhebung des Ölembargos führen und zu einem steigenden Ölangebot führen.
Es bleibt dabei: Die aktuelle Korrektur bei den Ölpreisen ist aus charttechnischer Sicht kein ein Grund zu erhöhter Sorge. Shell und BP können indes auch mit einem deutlich geringeren Preisniveau immer noch sehr gut leben und hochprofitabel wirtschaften. Die Aussichten für die beiden britischen Energieriesen bleiben gut. Zudem sind die Bewertungen der Aktien weiterhin sehr günstig. Dividendenjäger können nach wie vor zugreifen. Der Stopp sollte bei BP bei 3,40 Euro belassen werden, bei Shell bei 17,70 Euro.
Mit Material von dpa-AFX