Russland liefert nach Angaben des Staatskonzerns Gazprom weiter Erdgas durch die Transitleitungen in der Ukraine nach Europa. Die Auslastung der Pipeline blieb demnach trotz des Kriegs auf hohem Niveau. Am Donnerstag wurden wieder die vertraglich vereinbarte Menge von 109,5 Millionen Kubikmeter Gas nach Europa gepumpt, sagte Gazprom-Sprecher Sergej Kuprijanow der Agentur Interfax zufolge. Die gelieferte Menge entspreche "den Anforderungen der europäischen Verbraucher".
Mit Blick auf schon spürbare Beeinträchtigungen der deutschen Wirtschaft hat der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vor den Folgen weiterer Sanktionen gegen Russland – etwa eines Gas-Embargos – gewarnt.
Immer mehr mittelständische Industriebetriebe könnten sich bei diesen Preisen die Produktion in Deutschland nicht mehr leisten. "Hinzu kommt die Sorge, die eigenen Anlagen wegen Energieengpässen zumindest vorübergehend abschalten zu müssen. Diese wirtschaftliche Situation sollte jede Politikerin und jeder Politiker in Europa berücksichtigen", sagte Wansleben.
Auch die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie warnen vor dramatischen Folgen. "Wenn Deutschland sich dazu entschließen sollte, kein Gas oder Öl aus Russland mehr zu importieren, würde sich das dramatisch auf unsere Industrie, aber auch auf die Privathaushalte auswirken", sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). "Die Inflation wäre zweistellig. Die Versorgungssicherheit wäre ernsthaft gefährdet."
Als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine hatte die Unionsfraktion im Bundestag einen Stopp des Gasbezugs über die Pipeline Nord Stream 1 gefordert. Dies würde "eine neue Qualität in den Sanktionen bedeuten", hatte Fraktionschef Friedrich Merz am Mittwoch in Berlin gesagt.
Gesamtmetall-Präsident Wolf zufolge würde allein durch eine Abschaltung von Nord Stream 1 Gas in einem Umfang von etwa 550 Terawattstunden ausfallen, "bei einem Bedarf von rund 950 Terawattstunden pro Jahr". Langfristig müsse Deutschland zwar auf jeden Fall unabhängiger von russischen Importen werden, betonte er. "Kurzfristig fehlen uns aber trotz der Bemühungen von Bundesregierung und EU-Kommission schlichtweg die Alternativen."
Die Gazprom-ADRs sind indes weiterhin nicht handelbar. Anleger können sich daher auf Konkurrenten von Gazprom fokussieren – wie etwa die norwegische Equinor oder etwa auch die ebenfalls stark im Gasgeschäft aktive Shell.