Im schwachen Gesamtmarkt geraten die Papiere von Commerzbank und Deutscher Bank überdurchschnittlich stark unter Druck. Sprecher beider Institute äußerten sich sehr besorgt, versuchten aber gleichzeitig, mit Aussagen zum operativen Geschäft in den betroffenen Regionen die Wogen zu glätten – bislang ohne Erfolg.
Deutsche Bank und Commerzbank haben sich am Donnerstag sehr besorgt über die Entwicklung in der Ukraine geäußert. „Wir haben uns auf verschiedene Szenarien vorbereitet und Notfallpläne entwickelt“, teilte ein Sprecher der Deutschen Bank am Donnerstag in Frankfurt mit. „Wir haben unser Engagement in Russland in den vergangenen Jahren erheblich verringert, und unsere Risiken sind unter Kontrolle.“
Die Deutsche Bank betreibt in Russland ein Technologiezentrum und kommt daher auf eine vergleichsweise hohe Zahl von etwa 1500 Mitarbeitern in dem Land. Dazu kommen knapp 40 in der Ukraine.
Die Commerzbank erklärte: „Wir sind für verschiedene Eskalationsszenarien vorbereitet.“ Das Engagement in Russland und der Ukraine sei überschaubar, es sei in den vergangenen Jahren deutlich reduziert worden. Die Commerzbank hat nach Angaben eines Konzernsprechers 135 Beschäftigte in Russland und einen Mitarbeiter in der Ukraine.
Sanktionen bereits seit 2014
Nach Zahlen der Bundesbank belaufen sich die Forderungen deutscher Banken gegenüber Russland insgesamt auf gut sechs Milliarden Euro. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) wies darauf hin, dass sich die meisten Geldhäuser „aufgrund der bereits seit 2014 bestehenden Sanktionen mit ihrem Russland-Engagement in den letzten Jahren zurückgehalten“ haben.
Deutsche Versicherer sind nach Angaben des Branchenverbandes GDV „kaum in der Ukraine und in Russland engagiert“. Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherer (GDV), Jörg Asmussen, erklärte: „Abzuwarten bleiben die Auswirkungen durch die absehbaren Wirtschafts- und insbesondere Finanzsektorsanktionen.“
Auch die Zinsfantasie entweicht
Drohende Sanktionen und Kreditausfälle sind derzeit aber nicht die einzigen Risikofaktoren für die Banken. Denn die Eskalation im Ukrainekonflikt dämpft aktuell auch die Zinsfantasie, die der Banken-Branche in den vergangenen Wochen kräftigen Rückenwind beschert hatte. Eine erste Leitzinserhöhung der US-Notenbank Fed im März, die als so gut wie sicher galt, könnte nun weniger deutlich ausfallen als bisher erwartet.
„Paradoxerweise wird für das Ausmaß des Zinsschritts am 16. März letzten Endes vermutlich der russische Präsident Wladimir Putin den Ausschlag geben“, erklärte die Devisenmarkt-Expertin Antje Praefcke von der Commerzbank mit Blick auf die nächste Sitzung der US-Notenbank. „Denn ungeachtet der hohen Inflationsdaten fürchtet die Federal Reserve sicherlich die möglichen Konsequenzen eines noch stärkeren Einbruchs an den Aktien- und Finanzmärkten.“ Ein Zinsschritt um „nur 25 Basispunkte“ könnte enttäuschen, da mit Blick auf die Teuerungsraten die Chance auf einen doppelten so hohen Schritt um 50 Basispunkte bestanden habe.
Vor diesem Hintergrund zählen Bank-Aktien am Donnerstag im ohnehin schwachen Gesamtmarkt zu den größten Verlierern. Der europäische Bankenindex Stoxx 600 Banks bricht um rund sieben Prozent ein. Die Deutsche Bank verliert zeitweise mehr zehn Prozent und trägt damit die rote Laterne im DAX. Die Commerzbank verliert als zweitschwächster MDAX-Wert hinter Uniper ebenfalls zweistellig.
Die Papiere der beiden deutschen Großbanken geben damit einen Teil der jüngsten Gewinne wieder ab. Da die Unsicherheit in den kommenden Tagen – auch mit Blick auf die erhoffte Zinswende – hoch bleiben dürfte, sollten investierte Anleger die Stoppkurse im Auge behalten.
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Mit Material von dpa-AFX.