Überraschend schnell hat der deutsche Aktienmarkt seinen Schock am vergangenen Mittag verdaut. Die DAX-Marke von 15.000 Punkten wurde nicht nachhaltig gebrochen. Nun sehen Experten den nächsten Tagen mit gemischten Gefühlen entgegen. Kommt eine Jahresendrallye oder setzen die Inflations- und Konjunktursorgen den Kursen weiter zu? Der Wochenausblick.
In der abgelaufenen Woche war der DAX am Mittwoch zeitweilig fast auf das Mai-Tief von 14.816 Punkten gefallen, fing sich dann aber schnell mit einer postwendenden Rückkehr über die psychologisch wichtige Marke von 15.000 Punkten.
Am Freitag sorgte der US-Arbeitsmarktbericht dann für einige Zuckungen, hat die Anleger letztlich im Dunkeln stehen gelassen. Die Daten waren schwierig zu deuten und wurden damit nicht zu einem eindeutigen Kurstreiber für den zuvor schon lahmenden DAX. Der Leitindex ging bei 15.206 Punkten ins Wochenende. Mit einem Wochenplus von 0,3 Prozent verbuchte der DAX aber immerhin einen versöhnlichen Ausklang der turbulenten Woche.
Herbstmüdigkeit?
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets sieht durchaus die Chance, dass die schwankungsreiche Handelswoche mit ihrem Schock-Moment am Mittwoch schnell wieder aus den Köpfen der Anleger verschwindet. "Mit der schnellen Rückeroberung der 15.000er-Marke und damit auch der 200-Tage-Linie könnte auch der Startschuss für eine Jahresendrallye gefallen sein", so der Experte. Diese Durchschnitts-Linie gilt als beliebter Indikator für den langfristigen DAX-Trend, sie verläuft aktuell bei knapp 15.050 Punkten.
Andere sprechen allerdings von einer gewissen "Herbstmüdigkeit", die sich unter Anlegern breit macht. So formulierte es Ulf Krauss von Helaba, der auf die zunehmende Nervosität wegen der hohen Inflation und die Sorge verwies, dass die Notenbanken unter diesen Umständen mit ihrer Geldpolitik bald in die Offensive gehen könnten. Für seine Kollegen von LBBW wurden zuletzt zwar Schnäppchenjäger angelockt, die Lage bleibe aber zu unübersichtlich, um Entwarnung geben zu können.
Fakt ist nämlich, dass es für die jüngsten Belastungsfaktoren weiter keine Lösungen gibt. Angesichts rasant steigender Energiepreise droht die Inflation auf ihrem hohen Niveau zu bleiben, die Industrie kämpft mit ihren Lieferketten-Problemen, der chinesische Immobilienkonzern Evergrande ringt weiter ums Überleben und in den USA wurde ein Zahlungsausfall mit der Anhebung der Schuldengrenze nur vorläufig abgewendet.
Börsen.Briefing Newsletter
Bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen bei spannenden Unternehmen und an der Börse auf dem Laufenden. Lesen Sie das Börsen.Briefing. – den täglichen Newsletter des AKTIONÄR. Kostenlos.
Fed-Sitzung am Mittwoch
Aufschluss über die Inflation wird es am Mittwoch geben, laut Helaba dürfte der US-Preisanstieg dann sehr wahrscheinlich über der 5-Prozent-Marke bleiben. Die Veröffentlichung gilt als letzte vor dem nächsten Zinsentscheid der US-Notenbank Fed Anfang November. Langsam drohen auch die Währungshüter unruhig zu werden, die die Preissteigerungen bislang immer als vorübergehend bezeichnet hatten. Laut dem Helaba-Experten Krauss wirkt auch die "EZB nach dem jüngsten Teuerungsanstieg nicht mehr ganz so selbstsicher wie noch im Sommer."
Ansonsten kommt die Wochenagenda bei den Konjunkturdaten ohne die ganz großen Highlights aus. Die gemischten Zahlen vom US-Jobmarkt galten vor dem Wochenende mit einer enttäuschenden Stellenzahl aber einer gleichzeitig niedrigen Arbeitslosenquote als schwer zu deuten. "Dieser Arbeitsmarktbericht wird den Notenbankern Kopfzerbrechen bereiten", sagte Marktbeobachter Thomas Altmann von QC Partners. Mögliche Äußerungen von Fed-Mitgliedern dürften daher in den kommenden Tagen auch Beachtung finden.
Erste Unternehmen mit Q3-Zahlen
Stattdessen rückt die nächste Berichtssaison der Unternehmen näher: Wie gewohnt wird diese in den kommenden Tagen in den USA von zahlreichen Banken eingeläutet, unter anderem mit den Dow-Mitgliedern JPMorgan am Mittwoch und Goldman Sachs am Freitag. Bei JPMorgan rechnet Jason Goldberg von Barclays Research mit einem verbesserten Kreditwachstum aber gemischten Trends bei den Gebühreneinnahmen. Auch die Bank of America, Citigroup, Morgan Stanley und Wells Fargo melden Quartalszahlen.
Einblick in ihre Geschäfte bieten in der neuen Woche unter anderem auch Airbus (September-Auslieferungen), Fraport (Verkehrszahlen), Delta Airlines, Gerresheimer, Just Eat Takeaway, LVMH und Südzucker. (Mit Material von dpa-AFX)
Folgende Artikel gehörten in der abgelaufenen Woche zu den am stärksten geklickten auf www.deraktionaer.de: