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DAX weiter zwischen Hoffen und Bangen – und was macht Wirecard?

DAX weiter zwischen Hoffen und Bangen – und was macht Wirecard?
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Martin Mrowka 21.06.2020 Martin Mrowka

Den Hexensabbat am Freitag gut verdaut, den Wirecard-Crash als Einzeldrama eingestuft, die Corona-Lockerungen als Wirtschaftsimpuls angesehen – das Prinzip Hoffnung sorgte am deutschen Aktienmarkt zuletzt wieder für freundliche Anleger-Gesichter. Bei Wirecard dürfte sich das Crash-Drama noch fortsetzen. Mit der Furcht vor einer zweiten Corona-Welle pendeln die Börsianer zwischen Hoffen und Bangen. Ein Wochenausblick...

 Sorgen vor einer erneuten Beschleunigung der Corona-Infektionen hängen immer noch wie ein Damoklesschwert über den Märkten. Am vergangenen Freitagabend bereits hatten Befürchtungen über zunehmende Corona-Infektionsrisiken den US-Aktienmärkten einen Dämpfer verpasst. So meldeten die US-Bundesstaaten Arizona und Florida den höchsten Anstieg an Covid-19-Neuinfektionen seit Beginn der Pandemie.

Der Dow Jones Industrial schloss am Freitag mit einem Minus von 0,8 Prozent bei 25.871 Punkten, nachdem er anfangs noch um mehr als zwei Prozent im Plus notiert hatte. Daraus ergab sich für den US-Leitindex aber dennoch ein Wochengewinn von rund einem Prozent.

Am deutschen Aktienmarkt gab es größere Wochengewinne. Der deutsche Leitindex DAX ging mit einem Tagesplus von 0,4 Prozent auf 12.330 Zähler ins Wochenende und hielt sich dabei über der 200-Tage-Linie, die bei 12.151 Punkten verläuft. Auf Wochensicht bedeutet dies ein Plus von 3,2 Prozent. Am Sonntag-Morgen taxierte der Broker IG den DAX  bei unter 12.100 Punkten.

DAX (WKN: 846900)

Was Experten in der neuen Woche erwarten: "Die Kapitalmärkte bleiben zunächst einmal gut unterstützt durch die Geldschwemme der Notenbanken, zumal die konjunkturelle Erholung bereits in vollem Gange ist", schrieb Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba.

Doch sie warnte auch vor zu viel Optimismus: "Als Belastungsfaktor könnten sich die aktuell an Schärfe zunehmenden geopolitischen Konflikte zwischen China und Indien sowie Nord- und Südkorea erweisen." Diese geopolitischen Scharmützel wie auch die steigenden Fallzahlen an Covid-19-Neuinfektionen in einigen US-Bundesstaaten, in Südamerika, China und anderen Ländern hielten die Nachfrage der Anleger nach als sicher geltenden Wertpapieren wie etwa deutschen Staatsanleihen aufrecht; im Gegenzug könnten Aktien eher gemieden werden.

Heißer Aktiensommer steht bevor

Unter dem Strich eher zuversichtlich ist auch Analyst Markus Wallner von der Commerzbank. Die zuletzt abflauende Angst der Investoren vor dem Coronavirus, weitere Lockerungen der Beschränkungen in vielen europäischen Ländern und insbesondere die weltweit extrem expansive Geldpolitik hätten den deutschen Leitindex DAX zwar wieder deutlich steigen lassen, wodurch sich die Bewertung vieler DAX-Unternehmen spürbar erhöht habe. Doch eine breit angelegte Übertreibung sei noch nicht zu erkennen.

Etwas skeptischer äußerten sich in dieser Hinsicht die Fachleute der Weberbank: "Den Investoren steht ein heißer Sommer bevor." Die zwischenzeitlichen Kursrückschläge der letzten Woche hätten erneut gezeigt, wie fragil die Erholung der Aktien noch sei und wie schnell das Vertrauen der Anleger nicht zuletzt vor dem Hintergrund hoher Bewertungen schwinden könne.

Wichtige DAX-Marke

Für Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets ist vor diesem Hintergrund klar, dass am Aktienmarkt die Bäume erst einmal nicht in den Himmel wachsen dürften: "Beim DAX scheint für den Moment bei 12.500 Punkten der Deckel drauf. Solange der Markt es nicht schafft, diese Hürde erneut zu überwinden, bleibt die Situation aus charttechnischer Sicht fragil." Im Moment hätten eher die überzeugten Verkäufer das Zepter in der Hand und nähmen Gewinne mit. Erst ein nachhaltiger Anstieg über 12.500 Punkte würde die Lage verbessern und die Stimmung aufhellen.

Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, wiederum sieht das Glas eher halbvoll als halbleer: "Die Aktienmärkte leben von der Hoffnung, dass die Erholung weiter zügig voranschreitet." In der neuen Woche nun könnte der allmonatliche Stimmungstest bei den deutschen Unternehmen zeigen, ob sich die Optimisten unter den Anlegern tatsächlich bestätigt fühlen können.

Konjunkturdaten bewegen

Die Einkaufsmanager-Indizes für den Juni werden Kater zufolge wohl am Dienstag ebenso Licht am Ende des Tunnels andeuten wie das zur Wochenmitte anstehende Ifo-Geschäftsklima. Bei letzterem stehe insbesondere die Beurteilung der aktuellen Lage im Mittelpunkt des Interesses. Nachdem bereits im Mai die Erwartungen der Wirtschaftsteilnehmer auf eine Verbesserung der Lage deutlich angezogen hätten, seien die Einschätzungen der aktuellen Geschäftstätigkeiten noch sehr verhalten ausgefallen. Letztere müssten sich nun langsam in der kommenden Woche ändern, um die Hoffnungen auf eine Rückkehr zu einer normalen Konjunktur aufrecht zu erhalten.

Kleines Stühlerücken im DAX

Mit Blick auf einzelne Unternehmensnachrichten sollten sich die Anleger den Donnerstag dick im Kalender anstreichen. Dann findet die außerordentliche Hauptversammlung der Lufthansa statt, auf der die Aktionärsvertreter um die Zustimmung zum Rettungspaket der Bundesregierung gebeten werden sollen. Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Reisebeschränkungen hatten die Geschäfte der Fluggesellschaft mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Die Lufthansa befürchtet, dass Großaktionär Heinz Hermann Thiele angesichts der üblicherweise schwachen Präsenz von Aktionären auf Hauptsammlungen den Rettungsplan blockieren könnte.

Dessen ungeachtet steigt die Lufthansa am Montag in den MDAX der mittelgroßen Werte ab. Hintergrund ist der Kurssturz im Zuge der Corona-Krise. Neu im Kreis der 30 DAX-Konzerne ist dann der Berliner Immobilienkonzern Deutsche Wohnen. Zudem werden im MDAX die Aktien der Deutschen Pfandbriefbank durch die des Werbevermarkters Ströer ersetzt. Auch im Nebenwerteindex SDAX findet ein Stühlerücken statt.

Wirecard-Krimi geht weiter

Spannung verspricht auch der weitere Verlauf des Wirecard-Dramas. Nachdem der Zahlungsabwickler wegen milliardenschwerer Unklarheiten in der Bilanz seinen Jahresabschluss erneut nicht vorlegen konnte, waren die Aktien abgestürzt und hatten den zweitgrößten Tagesverlust eines DAX-Titels in der fast 32-jährigen Geschichte des Leitindex verbucht. Vorstandschef Markus Braun trat inzwischen zurück.

Es kommt noch schlimmer: Die Ratingagentur Moody's hat Wirecard auf Ramschniveau (B3) abgestuft und checkt sogar weitere Abstufungen. Und der Anteil an Hedgefonds, die auf weiter fallende Kurse bei Wirecard setzen, hat sich zuletzt noch erhöht. Offenbar wird da auf eine Pleite des Zahlungsdienstleisters spekuliert.

Im außerbörslichen Samstags-Handel bei Lang & Schwarz verlor die Wirecard-Aktie weiter auf 22,50 Euro. Entscheidend für die Zukunft des Unternehmens wird jedoch sein, ob die Banken Wirecard den Geldhahn zudrehen und von der Möglichkeit Gebrauch machen, Kredite von zwei Milliarden Euro zu kündigen. Da machte Wirecard zuletzt Hoffnung, dass das nicht geschieht.   (Mit Material von dpa-AFX)

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