Die eklatante Schwäche an der US-Technologie-Börse Nasdaq am Vortag hat am Donnerstag auch am deutschen Aktienmarkt auf die Stimmung gedrückt. Nachdem sich die großen Aktien-Indizes in den USA in den grünen Bereich vorarbeiteten, konnte auch der DAX seine zuvor recht großen Tagesverluste etwas eindämmen.
Der Leitindex DAX gab zum Xetra-Schluss 0,5 Prozent auf 18.298,72 Punkte nach und schloss damit nur wenig unter dem Tageshoch, das er kurz zuvor bei 18.326 Punkten erreicht hatt. Zwischenzeitlich drohte der DAX unter die Marke von 18.000 Zählern zu fallen, das Tagestief lag bei 18.096 Zählern. Mitte Juni war der DAX letztmals unter diese psychologisch wichtige Unterstützung gerutscht. Der MDax der mittelgroßen Titel verlor am Donnerstag 0,4 Prozent auf 24.951,14 Zähler.
Die von den Tech-Schwergewichten dominierte Nasdaq-Börse hatte am Vortag einen Ausverkauf erlebt. Die Verluste setzten sich am Donnerstag zunächst nicht mehr fort. Anlagestratege Michael Winkler von der St. Galler Kantonalbank sprach von einer "gesunden Konsolidierung von einem überhitzten Niveau". Die hohen Kursverluste belegten, dass Investoren hohe Erwartungen an Gewinne und Margen der Tech-Unternehmen hätten. "Dadurch bleiben Tech-Aktien anfällig für Gewinnmitnahmen", warnte der Experte.
Erschwerend hinzu gesellten sich schwache heimische Konjunkturdaten. So versetzte das Ifo-Geschäftsklima den wirtschaftlichen Aussichten einen weiteren herben Dämpfer. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verschlechterte sich im Juli überraschend weiter. "Jetzt müssen wohl die Rotstifte an die Konjunkturprognosen angelegt werden", erwartet Chef-Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein.
"Das war eine regelrechte Flucht aus Aktien", kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC-Partners das gestrige Minus von gut dreieinhalb Prozent im Nasdaq 100 und damit dessen schwächsten Handelstag seit Oktober 2022. Am Markt mache sich nach einigen enttäuschenden Quartalsberichten wie etwa von Tesla und Alphabet Angst breit, dass die Aktienkurse doch zu schnell und zu hoch gestiegen sein könnten. Und diese Angst treffe die KI-Aktien in ganz besonderem Maße. "Eine Beruhigung und nachhaltige Erholung scheint nur möglich, wenn die Bilanzen in der kommenden Woche überzeugen", glauben die Experten von Index-Radar. Am Dienstag berichtet Microsoft, am Mittwoch Meta und am Donnerstag Apple und Amazon.
Die Börsen allgemein schwächte obendrein noch der wieder erstarkte Yen. Spekulationen, dass der Zinsunterschied zwischen den USA und Japan geringer werden könnte, trugen dazu bei. Investoren hatten die Yen-Schwäche der vergangenen Monate genutzt, um sich Geld in Yen günstig zu besorgen und dieses in womöglich ertragreichere Anlagen, und damit auch Aktien, zu stecken. Durch den aktuellen Anstieg des Yen-Kurses dreht sich dieses Rad nun ein Stück weit rückwärts.
Unternehmensseitig ging die Berichtssaison weiter, wobei auch Quartalszahlen internationaler Großkonzerne wie etwa die von STMicro und BE Semiconductor Industries ihre Spuren hinterließen. So senkte der Chiphersteller STMicro seine Jahresziele und auch der niederländische Branchenausrüster BE entsetzte die Anleger mit seinen Prognosen. Das drückte im DAX die Infineon-Aktie um 6,5 Prozent abwärts.
Aixtron sackten im MDAX um 4,4 Prozent ab. Der
Anlagenbauer für die Chipindustrie hatte am Morgen aber auch selbst
endgültige Quartalszahlen vorgelegt. Elmos verloren im SDAX 5,6 Prozent. Die rote Laterne hielt im SDAX ProSiebenSat.1 mit einem Abschlag von 6,6 Prozent.
Unter den Tageslosern im DAX findet sich die Rheinmetall-Aktie mit einem Abschlag von fünf Prozent. Nach der Zahlen-Vorlage haben sich einige Analysten geäußert.
An der DAX-Spitze stieg die Bayer-Aktie um gut zwei Prozent. Aus Australien gab es gute Neuigkeiten in Sachen Glyphosat. Ein australischer Richter hat eine Sammelklage abgewiesen, in der behauptet wurde, dass das Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Bayer eine Art von Blutkrebs verursachen könne.
An der MDAX-Spitze entzog sich unterdessen der Waferhersteller Siltronic mit plus 7,8 Prozent dem allgemeinen Abgabedruck. Er überraschte den Markt trotz weiter schwieriger Geschäfte mit etwas zuversichtlicheren Aussagen für das Gesamtjahr. "Das ist nicht unbedingt erwartbar gewesen", sagte ein Händler.
Im SDAX setzte sich die zuletzt stark gebeutelte BayWa-Aktie mit plus 18,5 Prozent an die Spitze, obwohl der in Milliardenhöhe verschuldete Agrarhandels- und Energiekonzern am Vorabend seine operative Ergebnisprognose für 2024 kassiert hatte. Begründet wurde das zurückgezogene Jahresziel mit dem laufenden Sanierungsgutachten. Der bisherige Jahresverlust der Aktie beläuft sich aktuell auf etwas mehr als 55 Prozent.
Varta-Aktien schnellten sogar um knapp 47 Prozent nach oben. Auch hier handelte es sich nur um eine spekulative Erholung, denn im Börsenjahr 2024 steht für den schwer angezählten Batteriehersteller noch immer ein Kurseinbruch von fast 90 Prozent zu Buche. Und der Wert dürfte bald von der Börse genommen werden.
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(Mit Material von dpa-AFX)