Die Hoffnung auf eine künftig weniger straffe Geldpolitik der US-Notenbank Fed und Fortschritte der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation haben dem DAX am Donnerstag mächtig Schwung verliehen. Der Leitindex schloss 2,16 Prozent höher bei 15.509,19 Punkten und kletterte damit auf das höchste Niveau seit fast einem Jahr.
Starke Quartalszahlen, vor allem aus der Tech-Branche, trieben die Kurse zusätzlich an. Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen schnellte um 3,32 Prozent auf 29.808,92 Zähler nach oben.
Der Chipkonzern Infineon wird trotz der drohenden Flaute in der Weltwirtschaft optimistischer für die laufenden Geschäfte und hob seinen Ausblick an. Wie auch bei der Konkurrenz ziehe Infineon seine Stärke aus den Bereichen mit der Autozulieferung sowie den Anwendungen in der sonstigen Industrie, schrieb Jefferies-Analyst Janardan Menon. Für die Infineon-Aktien ging es mit einem Plus von acht Prozent in die DAX-Spitzengruppe kräftig nach oben.
Siltronic zogen im MDAX um 7,8 Prozent an. Der Wafer-Hersteller war 2022 stark gewachsen und sprach von einer weiter hohen Auslastung. Den Ausblick auf 2023 nannte ein Händler "ordentlich". Im Zuge der allgemeinen Tech-Euphorie stiegen auch die Papiere von Online-Werten wie Zalando, HelloFresh und Delivery Hero deutlich. In den USA öffnen zudem nachbörslich die Tech-Giganten Amazon, Alphabet und Apple ihre Bücher.
Auch die Immobilienkonzerne machten Boden gut: Vonovia stiegen im DAX um 8,6 Prozent, während es im MDAX für LEG und TAG Immobilien ähnlich weit nach oben ging. Aroundtown legten gar um 13,8 Prozent zu. Die Branche wird als Profiteur einer vielleicht bevorstehenden Zinswende angesehen, nachdem rasant steigende Zinsen ihr 2022 stark zugesetzt hatten. Diese hatten den Immobilienmarkt zum Erlahmen gebracht und den Unternehmen die Finanzierung verteuert.
Darüber hinaus sorgte die Berichtssaison für weiteren Gesprächsstoff. Die Aktien der Deutschen Bank gaben als Schlusslicht im DAX um 6,5 Prozent nach. Analystin Anke Reingen von der kanadischen Bank RBC sprach von "durchwachsenen Resultaten". Die Deutsche Bank hatte 2022 den höchsten Gewinn seit 15 Jahren erzielt, aber auch von einem positiven Steuereffekt profitiert. Die Papiere der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank, verloren nach Quartalszahlen im Nebenwerte-Index SDAX 4,4 Prozent. Auch die Aktien der Commerzbank gerieten unter Druck.
Bessere Aussichten für Siemens Healthineers honorierten die Anleger mit einem Zuwachs von fast neun Prozent an die DAX-Spitze. Ein Händler bezeichnete die jüngsten Quartalszahlen des Medizintechnikers zwar als durchwachsen. Die Schwäche des Zahlenwerks sei aber letztlich überwiegend auf Lieferkettenprobleme zurückzuführen, welche sich von nun an verbessern sollten, schrieb Analyst David Adlington von JPMorgan.