Produktionsausfälle und sinkende Gewinne – der anhaltende Chipmangel setzt der globalen Autoindustrie unverändert zu und dürfte alleine dieses Jahr Einnahmen in Höhe von 210 Milliarden Dollar kosten. Ein Ende der Knappheit ist zudem noch lange nicht in Sicht.
Die Chipflaute belastet die Autobranche schon seit Monaten. Zunächst hatten sich die großen Chip-Auftragsfertiger in der Corona-Krise auf Halbleiter für Verbraucherelektronik verlegt, um die hohe Nachfrage zu decken. Hinzu kamen Produktionsausfälle bei Chipfirmen in Japan und Texas sowie die Corona-Lockdowns in Malaysia und anderen südostasiatischen Staaten.
Milliardenkosten für die Autobranche
Wegen der fehlenden Halbleiter dürften der Branche dieses Jahr Einnahmen in Höhe von 210 Milliarden Dollar entgehen, prognostizierte die Beratungsfirma Alix Partners am Donnerstag. Im Mai war sie noch von 110 Milliarden Dollar ausgegangen.
Der Produktionsausfall wird der Studie zufolge mit rund 7,7 Millionen Fahrzeugen fast doppelt so hoch wie bisher gedacht. Im Mai hatte Alix Partners einen Ausfall von 3,9 Millionen Fahrzeugen prognostiziert.
Der Autobauer Toyota hatte Mitte September mitgeteilt, im bis Ende März 2022 laufenden Geschäftsjahr 300.000 weniger Autos produzieren zu können. Daimler-Chef Ola Källenius erwartet erst 2023 eine deutliche Entspannung der Lage in der Branche. Und bei der Volkswagen-Tochter Traton rechnet man weit über das laufende Quartal hinaus mit deutlich schwächeren Verkäufen als ursprünglich geplant
Das deckt sich mit der Prognose von IHS Markit. Dessen Forscher erwarten für 2022 jetzt weltweit nur noch eine Jahresproduktion von 82,6 Millionen Fahrzeugen, neun Prozent weniger als bisher gedacht.
Zulieferer besonders betroffen
Während die Autobauer dies zum Teil mit höheren Fahrzeugpreisen kompensieren könnten, täten sich die Zulieferer damit schwerer, analysierte Marcus Kleinfeld von Alix Partners in Deutschland. Deshalb treffe der Chipmangel sie noch stärker als die Autobauer. Autozulieferer hängen insbesondere vom Produktionsvolumen der Hersteller ab.
So strich der Scheinwerfer- und Elektronikspezialist Hella am Donnerstag seine Geschäftsprognosen zusammen. Weil die Autohersteller infolge der Engpässe weniger Fahrzeuge bauen können, dürfte der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr bis 31. Mai 2022 nur 6 bis 6,5 Milliarden Euro erreichen. Bisher war der Vorstand von 6,6 bis 6,9 Milliarden Euro ausgegangen.
Zudem dürfte ein geringerer Teil des Umsatzes als bereinigter operativer Gewinn bei Hella hängen bleiben: Das Management rechnet jetzt mit einer bereinigten operativen Marge von 5 bis 7 Prozent. Bisher hatten die Westfalen etwa 8 Prozent angepeilt.
Auch der französische Autozulieferer Faurecia, der Hella übernehmen will, kappte heute seine Jahresziele. Der Umsatz werde mit 15,5 Milliarden Euro rund eine Milliarde Euro niedriger ausfallen als bislang gedacht. Auch den Gewinn im Tagesgeschäft erwartet der Konzern nun ein niedrigeres Niveau.
Die meisten Aktien der Autobauer und Zulieferer stecken in einem klaren Abwärtstrend fest. Schlechte Nachrichten aus der Auto- und Nutzfahrzeugbranche haben die Anleger am Donnerstag aber nicht von Aktienkäufen abgehalten.
Erste Analysten und Investoren richten den Blick bereits nach vorne und sehen die aktuelle Mangelsituation bereits eingepreist. Die Daimler-Aktie steht nach positiven Analystenkommentaren sogar kurz davor den Abwärtstrend zu durchbrechen.
Mit Material von dpaAFX.
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