Automobilaktien haben es diese Tage ohnehin nicht leicht. Probleme im Absatzmarkt China drücken auf Wachstumsaussichten und Stimmung. Die ohnehin schon ramponierten Aktien von Daimler, Volkswagen und Co lassen in der Folge weiter Federn. Jene von Zulieferern werden teilweise regelrecht abverkauft. In diese Gemengelage platzt eine Meldung, die unglaublich zu sein scheint – und mehr Fragen denn Antworten aufwirft.
Heute morgen lief es Daimler-Aktionären eiskalt den Rücken runter: Steht die Liaison zwischen Li Shufu und Daimler etwa schon wieder vor dem Aus? Erst 2018 stieg der Eigner des chinesischen Automobilherstellers Geely medienwirksam bei Daimler ein – es war das größte Investment eines Autokonzerns aus dem Reich der Mitte außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Jetzt, heute morgen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, Geely habe seinen Anteil um die Hälfte reduziert und berief sich dabei auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Ein Paket von 5,4 Prozent sei bei anderen Investoren abgeladen worden, heißt es in dem Bericht.
Kurze Zeit später wurde es dann noch kurioser: Alles frei erfunden, sagt Geely. Und verpackt das Dementi, das die Daimler-Aktie heute womöglich vor einem größeren Sturz bewahrt hat, in eine offizielle Mitteilung. Als die Bloomberg-Meldung publik wurde, rauschte der Kurs kurz mal Richtung 48 Euro. Auch wenn die Daimler-Aktie immer noch weit unten im DAX-Verliererfeld zu finden ist – ein wenig Boden hat sie immerhin wieder gutgemacht.
Agenturbericht und Geely-Dementi stehen hier qua natura im Widerspruch. Die Wahrheit, sofern es denn eine im Sinne von Bloomberg ist, würde spätestens mit einer Pflichtmitteilung ans Licht kommen. Bloomberg selbst hat den ursprünglichen Bericht inzwischen einem Update unterzogen, das Dementi aufgegriffen und verarbeitet.
Doch damit kein Ende der Kuriositäten: Tatsächlich findet sich auf der Website der Daimler AG im Bereich Stimmrechtsmitteilungen eine Meldung, die weitere Fragen aufwirft. Wenngleich in besagter Meldung vom 10. Januar 2019 weder der Name Li Shufu, Geely noch Tenaciou3 Prospect Investment Limited (diente damals zum Einstieg) zu finden ist, springt ein Aspekt sogleich ins Auge. Die Zahl 5,4 Prozent. Sie hat eine gewisse Nähe zur Bloomberg-Meldung. In der Stimmrechtsmitteilung gibt Morgan Stanley an, überwiegend über Finanzinstrumente 5,39 Prozent der Anteile zu halten – nach zuvor 0,34 Prozent. Woher diese Anteile stammen, ob Morgan Stanley sie direkt oder für einen Dritten hält – all das ist ungewiss.
Und so bleiben am Ende des Tages mehr offene Fragen stehen als das Antworten vorhanden sind.
Eine Einschätzung der AKTIONÄR-Redaktion zur Daimler-Aktie finden Sie hier.
+ Bloomberg: China's Geely Is Said to Cut Daimler Stake by More Than Half (Englisch) (Anm. d. Red: Inzwischen hat Bloomberg den ursprünglichen Bericht einem Update unterzogen und unter der Überschrift „China’s Geely Denies Report it Cut Daimler Stake by Half“ veröffentlicht)
+ finanztreff.de: Geely weist Bericht über Verkauf von Daimler-Aktien zurück
Dieser Beitrag ist dem heutigen Börsen.Briefing. entnommen – dem neuen täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR. Registrieren Sie sich jetzt kostenfrei für das Börsen.Briefing. und starten Sie täglich bestens informiert in den Handelstag.
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