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Covestro-Finanzchef Toepfer: "Sind einen deutlichen Schritt vorangekommen"

Covestro-Finanzchef Toepfer:
Foto: Covestro
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Thorsten Küfner 09.08.2023 Thorsten Küfner

Die Chemiebranche kämpft derzeit mit anhaltend hohen Energiekosten auf der einen und einer schwachen Nachfrage in vielen wichtigen Absatzmärkten auf der anderen Seite. Dennoch zeigt sich der Finanzvorstand des Chemieriesen Covestro, Dr. Thomas Toepfer, zuversichtlich gestimmt für die kommenden Monate und Jahre.

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Dr. Thomas Toepfer ist seit 2018 Finanzvorstand bei Covestro.

DER AKTIONÄR: Herr Dr. Toepfer, inwieweit sind Sie relaxter beziehungsweise besorgter im Vergleich zur Situation vor genau einem Jahr – vor allem bezüglich Nachfrageentwicklung und Energiekosten?

Mit Blick auf die Energiepreisentwicklung haben wir eine Situation, in der sich diese ganz drastischen Schwankungen, die wir im Jahr 2022 gesehen haben, normalisiert haben. Allerdings leider auf einem Niveau, das immer noch höher ist als in anderen Regionen der Welt. Insofern sieht sich Deutschland weiter mit einem Wettbewerbsnachteil konfrontiert.

Was die Nachfrage angeht, haben wir im zweiten Quartal noch keine fundamentale Erholung gesehen. Also das Thema Destocking, die Reduktion der Lagerbestände, scheint bei unseren Kunden vorerst weiter zu gehen. So konnten wir unsere 2023er-Prognose zwar bestätigen, aber erwarten eher Ergebnisse in der unteren Hälfte der jeweiligen Bandbreiten. Denn die Nachfrage hat sich in zumindest drei unserer Hauptabnehmer-Industrien, der Bau-, der Elektro- und der Möbelindustrie, eher nochmal abgekühlt.

In welchen Segmenten oder Regionen spüren Sie bereits oder erwarten zumindest zeitnah eine Verbesserung der Nachfrage?

Was sich tatsächlich im Augenblick gut entwickelt, ist die Automobilindustrie. Und wir sehen auch eine weitgehend stabile Entwicklung in Nordamerika und in China. Allerdings waren mit Blick auf China die Erwartungen auf eine wirtschaftliche Erholung noch höher gesetzt. Anfang des Jahres hatte man gehofft, dass die Aufhebung aller Maßnahmen nach dem drastischen Covid Lockdown sehr viel schneller greifen würden. Das sehen wir in China aber derzeit noch nicht. Die Regierung hat daher auch weitere Stimulus-Maßnahmen in Aussicht gestellt. Also insofern sehen wir auch in diesen Regionen, dass sich die Nachfrage bis jetzt eher unter unseren Erwartungen entwickelt hat.

Und welche Segmente oder Regionen bereiten Ihnen derzeit noch am meisten Kopfzerbrechen?

Covestro hat eine sehr solide Aufstellung. Erstens mit Blick auf die Bilanz: Moody's hat dies durch die Bestätigung des Baa2 Ratings im Juni mit einem stabilen Ausblick unterstrichen. Zweitens: Wir produzieren in den Regionen für die Regionen und sind damit auch operativ gut positioniert. Dadurch können wir mit unseren Produktionsanlagen in allen Regionen regionale Schwankungen oder Zollbeschränkungen ausgleichen.

In Europa und speziell Deutschland sehen wir die größten Herausforderungen, weil wir hier nach wie vor ein Energiekostenniveau haben, was im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig ist. Wir sehen aber auch weitere Herausforderungen wie die teils langwierigen Genehmigungsprozesse oder sehr komplexe Regulierungen. Daher muss man im Dialog mit der Politik Standortbedingungen weiter verbessern.

Glauben Sie, ein Industriestrompreis würde helfen, um die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland für energieintensive Betriebe wieder zu erhöhen oder müssen andere Maßnahmen ergriffen werden?

Ich würde zu beidem ja sagen. Wir unterstützen das Thema Industriestrompreis, weil das ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für die chemische Industrie und weitere energieintensive Industrien ist. Ich würde aber auch sagen: Der Industriestrompreis ist kein Allheilmittel! Die Faktoren sind vielschichtig wie die von mir bereits angesprochenen Themen Genehmigungsverfahren oder Regulatorik erkennen lassen. Der Blick muss über das reine Energiethema hinausgehen, um den Standort Deutschland attraktiv und wettbewerbsfähig zu halten.

Blickt man auf die Analystenschätzungen für das kommende Jahr, so wird mit einem Gewinnanstieg auf über 500 Millionen Euro gerechnet. Was stimmt Sie persönlich zuversichtlich, dass es im kommenden Jahr für Covestro wieder deutlich besser laufen wird?

Das laufende Jahr ist bisher durch eine insgesamt schwache Nachfrage geprägt, wovon auch unsere Preise und Margen betroffen waren. Wenn es zu einer Nachfragebelebung im nächsten Jahr kommt, ziehen bei uns gewöhnlich auch die Margen wieder an. Es spricht einiges dafür, dass wir im Jahr 2024 mit einem Anstieg der Nachfrage rechnen können. So werden beispielsweise die Lagerbestände bei unseren Kunden irgendwann abgebaut sein. Das ist allerdings noch keine Prognose für das kommende Jahr, die werden wir, wie gewohnt, erst am Jahresanfang bekannt geben.

Wo sehen Sie über das Jahr 2023 die größten kurzfristigen Risiken?

Wir haben bereits einige Risiken in unserer Prognose eingepreist. Wir gehen im Jahresverlauf nicht von einer Belebung, sondern eher noch einmal von einer leichten weiteren Abkühlung in drei unserer großen Hauptabnehmer-Industrien aus. Insofern sehe ich keine weiteren größeren Risiken, außer das Umfeld verändert sich noch einmal fundamental aufgrund irgendwelcher externen Einflüsse, die wir jetzt noch nicht sehen. Langfristig müssen sich die Standortbedingungen in Deutschland verbessern. Das ist für uns ganz entscheidend, um langfristig auch wirklich wettbewerbsfähig zu sein.

Inwieweit sind Sie beim langfristigen Ziel der Kreislaufwirtschaft vorangekommen und wo müsste Ihrer Meinung nach ein noch stärkerer Hebel angesetzt werden?

Wir haben verschiedene Hebel, an denen wir beim Thema Kreislaufwirtschaft arbeiten. Beispielsweise grüne Energie. Da sind wir einen deutlichen Schritt vorangekommen und haben 2022 bereits zwölf Prozent unseres globalen Strombedarfs aus grünen Quellen bestreiten können. Diesen Anteil wollen wir in diesem Jahr auf bis zu 18 Prozent steigern. Wenn wir das über die nächsten Jahre fortsetzen, können wir in einer absehbaren Zeit tatsächlich bis auf 100 Prozent gehen.

Herausfordernder sind im Augenblick noch grüne Produkte oder Produkte aus erneuerbaren Rohstoffen. Dies hängt damit zusammen, dass zum einen die Verfügbarkeit noch nicht so groß ist. Zum anderen sind Preise für diese Produkte noch vergleichsweise hoch und die Zahlungsbereitschaft beim Kunden ist noch nicht vollumfänglich gegeben. Nichtsdestotrotz sind wir auf dem richtigen Weg. So können wir beispielsweise unsere Anlagen zukünftig komplett mit biobasierten Rohstoffen betreiben. Damit wir uns vollständig auf die Kreislaufwirtschaft ausrichten können, bleibt aus meiner Sicht entscheidend, dass Kunden und Unternehmen auch in den kommenden Jahren weiter Hand in Hand arbeiten.

Es wurde darüber berichtet, dass der Covestro-Vorstand kürzlich ein Übernahmeangebot von Adnoc als zu niedrig abgelehnt hatte. Nun soll es wieder Gespräche zwischen den beiden Firmen geben. Was stimmt Sie persönlich zuversichtlich, dass die Aktie von Covestro bald deutlich mehr als offenbar gebotenen 55 Euro wert sein wird?

Wir kommentieren grundsätzlich keine Marktgerüchte und haben mit diesem Angang in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Daher werden wir dies auch weiter so handhaben.


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