In keiner Branche hagelte es zuletzt so viele Gewinnwarnungen wie bei den Autozulieferern. Die Gründe sind vielschichtig. Die Aktien befinden sich im freien Fall. Auch der heimische Branchenprimus Continental hat einiges an Wert eingebüßt. Doch mittlerweile scheint ein großer Teil der schwachen Entwicklung im Kurs eingepreist.
Die Gründe für die vielen Prognoseanpassungen sind vielschichtig: Neben dem Diesel-Dilemma sorgen eine schwächere Entwicklung des chinesischen Automarktes, der andauernde US-Handelsstreit und die Umstellung auf den neuen Abgas- und Verbrauchsstandard WLTP in Europa für eine schwache operative Entwicklung – und für Verunsicherung bei den Anlegern. Dazu kommen noch einige hausgemachte Probleme.
Damit nicht genug. Die Zulieferer stehen zunehmend unter Druck, ihr Geschäftsmodell auf die Zukunft auszurichten: weg von Verbrennungsmotoren, hin zur Elektromobilität und selbstfahrenden Autos. Die großen Autokonzerne rechnen bis Mitte des kommenden Jahrzehnts mit einem Marktanteil der Elektroautos von bis zu 25 Prozent. Sollten die Stromer in Zukunft tatsächlich so stark gefragt sein, hätten Bereiche rund um den Verbrennungsmotor in der Branche keine große Zukunft mehr.
Aber: China läuft untertourig, die Batterieautos kommen im Ausland und nach 2020 auch bei uns mit einem Boom. Viele Zulieferer sitzen im Verbrennungsmotor und haben das Elektroauto verschlafen. Einige Konzerne setzen auf die M&A-Karte (Mergers & Acquisitions) und versuchen sich durch Zukäufe für die Zukunft zu rüsten. Doch es geht auch anders: Continental will seine Antriebssparte („Powertrain“) abspalten, um sich selbst so stärker auf Elektronik, Sensoren und Software konzentrieren zu können. Damit wären viele Unsicherheiten vom Tisch. Doch nach zwei Gewinnwarnungen im laufenden Jahr schwindet das Vertrauen. Die sinkenden Verkaufszahlen von BMW, Daimler und Co in den letzten vier Monaten passen da ins Bild. Neben Umsatzeinbußen durch den Nachfragerückgang liegen die Gründe aber auch in erhöhten Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie in zusätzlichen Kosten wegen der stärkeren Fokussierung auf Hybrid- und Elektrofahrzeuge. Doch die recht niedrige Verschuldung von Continental bietet Spielraum für Investitionen und weitere Milliarden-Übernahmen.
Zudem gibt es den vielzitierten Silberstreif am Horizont: Finanzchef Wolfgang Schäfer hat letzte Woche erklärt, dass der Autozulieferer im dritten Quartal etwas besser abgeschnitten hat als zuletzt befürchtet und damit die zuvor bereits zweimal gesenkten Prognosen erreichen dürfte. „Umsatzseitig hatten wir rund 45 Milliarden für das Gesamtjahr angekündigt, es könnten vielleicht 44,5 Milliarden werden. Das ist noch im Rahmen dessen, was wir erwartet haben, liegt aber auch hier eher am unteren Ende unserer Prognose", so Schäfer. „Die bereinigte Umsatzrendite sollte im Gesamtjahr wie angekündigt über neun Prozent liegen“, bestätigte er Aussagen aus dem August. Die Aktie konnte sich im Anschluss ihre Talfahrt stoppen. Die nächsten Zahlen gibt es am 8. November.
Heute hat mit Schaeffler zwar der nächste Zulieferer seine Prognose gesenkt. Der Kursabschlag hält sich nach der jüngsten Talfahrt insgesamt aber in Grenzen. Bleiben weitere Hiobsbotschaften in der Branche – und bei Continental selbst – aus, besteht die bei der Continental-Aktie die Hoffnung auf eine Fortsetzung der technischen Gegenbewegung in Richtung 160 Euro. Risikobewusste Anleger können weiter auf dieses Szenario spekulieren.