Der Aufschwung am US-Tech-Markt hat auch die Kurse von chinesischen Internet-Aktien wieder etwas beflügelt. Für Alibaba, Tencent geht es gegen Ende der Handelswoche aufwärts. Das gilt ebenso für die etwas kleineren Konkurrenten. Ein Grund zur Erleichterung ist das aber nur bedingt, wie Blicke auf die Charts und die Nachrichtenlage zeigen.
Ob Alibaba und Pinduoduo oder Tencent, Xiaomi und Baidu: Alle Charts befinden sich immer noch in mehr oder weniger steilen Abwärtstrends. Die Kursgewinne der vergangenen Tage haben in der Regel nur die Verluste der Vortage egalisiert.
Andererseits: Während im US-Tech-Markt in den vergangenen Handelstagen der Abwärtsdruck in vielen Fällen überwältigend war, haben China-Aktien in der Regel neue Tiefs vermieden.
Die Aktien hängen derzeit also allesamt knapp über ihren Korrekturtiefs in einer Art Schwebezustand – ohne echte Anzeichen für Besserung, aber auch ohne brutalen Abwärtsdruck.
Chinas Führer Xi Jinping bleibt unterdessen stur bei seiner Knallhart-Lockdown-Politik. Diese belastet das Wirtschaftswachstum Chinas und führt Gerüchten zufolge inzwischen zu innenpolitischen Spannungen in Peking.
Ministerpräsident Li Keqiang hatte vergangenes Wochenende jedenfalls vor einer „komplizierten und ernsten“ Lage am chinesischen Arbeitsmarkt gewarnt – und dabei keinen Bezug auf Xis Covid-Politik genommen. Umgekehrt hatte das Politbüro zuvor betont, wie wichtig die Null-Covid-Politik sei, aber dabei die wirtschaftliche Lage nicht erwähnt.
Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen die Hoffnung auf Lockerungen. Unterm Strich hat sich bislang aber nichts getan. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung nimmt zu.
Chinas Zentralbank hat die Stabilisierung des Wirtschaftswachstums zur obersten Priorität erklärt. Wirklich neu ist das aber nicht. Und ein paar Lockerungsmaßnahmen in Form von Zinssenkungen dürften nur bedingt nützen, solange es immer wieder Lockdowns gibt, die das Leben in den Städten zum Erliegen bringen und Lieferketten unterbrechen.
Unter Strich bleibt es dabei: Der größte Verkaufsdruck bei Alibaba und Co ist erst mal raus, was aber – wie bereits vor Wochen prognostiziert – im Umkehrschluss noch nicht bedeutet, dass sich Käufe aufdrängen würden. Abwarten.
Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba, Baidu, JD.com.