Eine spannende Hauptversammlung liegt hinter dem im DAX notierten Chemie-Großhändler Brenntag. Die scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Doreen Nowotne hat dabei bei den Brenntag-Anteilseignern für den Kurs des Managements geworben. "Dies ist eine wichtige Hauptversammlung für Brenntag", sagte sie am Donnerstag auf dem online durchgeführten Aktionärstreffen.
Brenntag sei mitten im Wandel, mitten im Umbau, im Aufbau und in der Etablierung einer neuen Organisationsstruktur weltweit, mitten in der Umsetzung einer neuen Strategie und mitten in der Verankerung einer neuen Kultur. Dieser Prozess sei enorm vielschichtig und komplex. Und deshalb erfordere er Kontinuität, auch auf der Ebene des Aufsichtsrats. Ihr Nachfolger soll Richard Ridinger werden, der seit 2020 Mitglied des Kontrollgremiums ist.
Die Brenntag-Aktionäre stimmten auf der Hauptversammlung mit einer Mehrheit für die Brenntag-Aufsichtsratskandidaten und für die von Brenntag vorgelegten Beschlüsse. Der Kritiker und Finanzinvestor Primestone hatte unterdessen Einspruch gegen den größten Teil der Beschlüsse eingelegt. Anhaltspunkte für Formalfehler seien jedoch nicht ersichtlich, sagte Nowotne nach einer Prüfung. Widerspruch gegen Beschlüsse der Versammlung zu Protokoll des Notars über das Investorportal könne nicht mehr eingelegt werden.
Der Aufsichtsrat teile zwar die Kritik einiger Aktionäre, dass "der Brenntag-Spezialitätenbereich bisher noch nicht so erfolgreich ist, wie er sein könnte und auch muss", räumte die seit mehr als 13 Jahren amtierende Aufsichtsratsvorsitzende ein. Die Umsetzung des Umbaus laufe auf Hochtouren. Diese Phase sei der Kern der Transformation. Brenntag sei über Jahrzehnte regional gewachsen. Die Etablierung der beiden Divisionen stelle eine große Veränderung dar und sei ein Prozess, der nicht von heute auf morgen erledigt sei. Diese Veränderung erfordere Zeit, bis sie Früchte trage.
Seit Monaten liefert sich das Brenntag-Management mit aktivistischen Investoren einen Schlagabtausch. Dabei macht vor allem der britische Finanzinvestor Primestone, der gut zwei Prozent an Brenntag hält, auf sich aufmerksam. Primestone wollte verhindern, dass die von Brenntag vorgeschlagene Wahl von Ridinger, ehemaliger Chef des Schweizer Feinchemiekonzerns Lonza, zum Aufsichtsratschef und von Suja Chandrasekaran als Mitglied des Kontrollgremiums auf dem Aktionärstreffen durchgeht. Der britische Finanzinvestor hatte mit dem ehemaligen Chemikalien-Manager Geoff Wild und der Ex-Goldman-Sachs-Bankerin Joanna Dziubak zwei eigene Vorschläge für den Aufsichtsrat gemacht.
Letztlich geht es Primestone wie auch dem US-Hedgefonds Engine Capital darum, dass sich Brenntag in die beiden Sparten für Spezial- und Basischemikalien aufspalten soll. Davon erhoffen sich die Investoren eine schnelle Wertsteigerung.
Es wäre natürlich gut für Brenntag, wenn allmählich wieder etwas mehr Ruhe einkehren würde. Nichtsdestotrotz läuft es beim Chemiehändler operativ nach wie vor gut. Auch das Chartbild präsentiert sich in unverändert guter Verfassung. Anleger können dabeibleiben und ihre Position mit einem Stoppkurs bei 58,00 Euro nach unten absichern.
Mit Material von dpa-AFX