Obwohl der Bitcoin ursprünglich als elektronisches „Peer-to-Peer-Bezahlssystem“ beschrieben wurde, hat sich zunehmend die Bezeichnung des „digitalen Goldes“ durchgesetzt. Ein im Mai veröffentlichtes Marketing-Video der Investmentgesellschaft Grayscale (siehe unten) rief dabei in humoristischer Art und Weise auf, Gold zu verkaufen und Bitcoin zu kaufen. Während sich der Bitcoin-Preis aktuell im Bereich der 10.000 Dollar-Marke feststeckt, erlebt Gold zurzeit seinen zweiten Frühling. Daher ist die Debatte aktueller denn je, ob der Bitcoin als „digitales Gold“ oder "Gold 2.0" bezeichnet werden kann.
Die Kritik auf das Video von Grayscale ließ nicht lange auf sich warten. Roy Sebag, CEO des kanadischen Fintech-Unternehmens Goldmoney und Mehrheitsinhaber der Krypto-Mininggesellschaft Bitfarms, veröffentlichte als Antwort auf das Video ein komplettes Paper, in welchem er sich intensiv mit dem im Video angeführten Kritikpunkten auseinandersetzt. Seinen Standpunkt verteitigte er zudem in einem Interview mit Real Vision Finance (siehe unten).
Der Bitcoin hat ein Gewicht
Als ersten Kritikpunkt nennt er die angebliche Immaterialität des Bitcoins, die im Marketing-Video von Grayscale angesprochen wird. Während die eigentliche Übertragung eines Bitcoins digital erfolgt und somit erst einmal den Anschein der Immaterialität besitzt, werden beim sogenannten „Mining“ Grafikkarten benötigt, die die Bitcoins „schürfen“. Sebag stellt sogar eine Rechnung auf, die das Gewicht eines Bitcoins berechnet.
Das Ergebnis: Die komplette Hardware die benötigt wird, wiegt laut dem Paper rund 30.000 Tonnen. Bei einer damaligen Bitcoin-Menge von rund 17,7 Millionen stehen somit hinter jeder Bitcoin-Einheit 1,69 Kilogramm physische Hardware in Form von Computerchips.
Darüber hinaus beschreibt er, dass ein Bitcoin rund 49 Mal mehr Volumen als Gold einnimmt. Dies führt er wiederum auf die benötigte Hardware zurück. Daher habe Gold eine deutlich höhere Wertedichte als der Bitcoin.
Summa sumarum kommt Sebag zu dem Ergebnis, dass der Bitcoin Gold benötigt, aber Gold nicht den Bitcoin, da in allen Computer-Chips, die zum „Mining“ benötigt werden, Gold verbaut ist. Gold braucht keine Blockchain und Grafikkarten, um zu existieren. Selbst wenn alle Goldminen augenblicklich ihre Förderung stoppen würden, so würde das Gold nicht einfach verschwinden oder aufhören zu existieren. Beim Bitcoin sieht dies anders aus. Hier werden große Mengen an Energie benötigt, um das System aufrechtzuerhalten.
Bitcoin hat trotzdem seinen Platz
Die Diskussion, ob der Bitcoin wirklich als „digitales Gold“ bezeichnet werden kann, wird in beiden Communities durchaus kontrovers diskutiert. Fakt ist: Gold hat sich über mehr als tausend Jahre als allgemein anerkanntes Zahlungsmittel und zuverlässiger Wertspeicher bewiesen. Ob der Bitcoin die gleiche Funktion erfüllen kann, muss sich erst noch in den kommenden Jahren zeigen. Vor allem eine Rezession dürfte hier als Feuertaufe für die Kryptowährung gelten.
Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt jedoch, dass eine Flucht in Bitcoin tatsächlich immer wieder zu beobachten ist, vor allem in Ländern mit instabilen Währungen wie Venezuela oder Argentinien. Zweifelsohne stellt die hohe Volatilität des Bitcoins eine Herausforderung dar. Hierfür ist – zumindest in naher Zukunft – keine Lösung in Sicht.
In Zeiten von Niedrigzinsen, Handelskriegen, einem wild twitternden US-Präsidenten und allgemeiner Unsicherheit an den Märkten, ist DER AKTIONÄR sowohl gegenüber Gold, als auch gegenüber Bitcoin mittel- bis langfristig bullish eingestellt.
In Ausgabe 32/19 des AKTIONÄR wurde bereits ausführlich auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Bitcoins mit Gold eingegangen.
Auch in der heute Abend als E-Paper erscheinenden Ausgabe des AKTIONÄR wird ein Blick auf Gold und Bitcoin geworfen.
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin.
Autor Nicola Hahn hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin, Gold.