Die Corona-Pandemie ist natürlich auch an Aurelius nicht spurlos vorbei gegangen. Insgesamt zeigt sich Vorstand Matthias Täubl dennoch recht zufrieden mit der Entwicklung im abgelaufenen Jahr. Für 2021 rechnet der Firmenlenker mit einem deutlich zunehmenden Transaktionstempo. DER AKTIONÄR fragte nach.
DER AKTIONÄR: Herr Täubl, die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 in vielen Branchen deutliche Bremsspuren hinterlassen. Wie stark war Aurelius mit seinen Beteiligungen von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie betroffen?
Matthias Täubl: Auch unsere Konzernunternehmen sind von den Folgen der Corona-Pandemie, der wohl größten Wirtschaftskrise unserer Generation, nicht verschont geblieben. Zugute kam uns jedoch die Tatsache, dass wir mit unseren rund 100 operativen Experten einen sehr engen Kontakt zu unseren Portfoliounternehmen haben. Mit inzwischen mehr als 15 Jahren Erfahrung im Umgang mit Umbruch- und Sondersituationen sind wir mit unseren operativen Experten tagtäglich nah an unseren Unternehmen und konnten dadurch schnell und entschlossen an den nötigen Stellschrauben drehen. In Summe sind wir dadurch bis dato deutlich besser durch die Krise gekommen, als wir dies zu Beginn der Pandemie befürchtet hatten.
Nicht alle Unternehmen sind gleichermaßen von der Pandemie betroffen. Wer sind die „Corona-Gewinner“ in Ihrem Portfolio?
Schauen Sie sich beispielsweise unsere Tochter Conaxess an, die im Bereich der Distribution schnelldrehender Konsumgüter tätig ist. Ein Großteil der Bevölkerung verbringt nach wie vor viel mehr Zeit zu Hause als vor der Krise. Das hat den Umsatz mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs wie Reis, Nudeln und Knäckebrot, aber auch Hygieneartikeln deutlich gesteigert. Hiervon konnte Conaxess profitieren. Diese erfolgreiche Entwicklung bauen wir mit Add-on-Akquisitionen wie jener der soeben verkündeten schwedischen Movement Group weiter aus. Aber auch unsere dänische Baumarktkette Silvan hat davon profitiert, dass die Leute die Zeit genutzt haben, ihr Zuhause und ihre Balkone und Gärten zu verschönern. Nicht zuletzt konnte auch unser britischer Home-Shopping Anbieter Ideal Shopping vom Anstieg der Online- und Telefon-Umsätze profitieren und in 2020 einen deutlichen Wachstumsschub verbuchen.
Wie sehr hat Corona die operative Ergebnisentwicklung Aurelius in 2020 belastet?
Konkret kann ich mit der Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2020 am 12. März werden. Aber schon mal so viel dazu heute: es zeichnet sich ab, dass 2020 trotz Corona ein gutes Jahr für uns war. Neben den älteren Beteiligungen tragen auch die in den vergangenen beiden Jahren erworbenen Unternehmen wie die VAG-Gruppe und Rivus Fleet oder die oben genannten Conaxess, Ideal Shopping und Silvan zur guten operativen Ergebnisentwicklung bei.
Wie fällt Ihr Fazit hinsichtlich Ihrer Transaktionstätigkeiten in 2020 aus? Haben Sie Ihre M&A-Ziele trotz Corona erreicht?
Sechs zukunftsträchtige Zukäufe, Add-on-Akquisitionen für bestehende Konzernunternehmen und mehrere Exits – ich bin damit sehr zufrieden. Wir konnten unser Portfolio um sehr interessante Unternehmen ergänzen und mit GHOTEL hotel & living Anfang 2020 einen tollen Exit verbuchen. Generell war 2020 aber nicht das Jahr für Exits – viele Marktteilnehmer haben sich neu sortiert. Wir haben die Zeit genutzt, um unsere Portfoliounternehmen weiter zu optimieren und durch Zukäufe zu stärken. Somit erwarten wir für das laufende Geschäftsjahr nun wieder den ein oder anderen Exit. Ebenso sind wir im Bereich M&A auch auf der Kaufseite sehr aktiv unterwegs. In Zeiten des Umbruchs gilt dabei allerdings mehr denn je: In der guten Auswahl liegt der spätere Gewinn. Hierauf haben wir und werden wir auch weiterhin sehr viel Wert legen.
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Sie sprechen die Add-on-Akquisitionen wie den aktuellen Zukauf der Movement Group an. Welche Bedeutung haben diese Add-ons für Ihr Portfolio und was waren hier die Highlights in 2020?
Die Stärkung unserer Konzernunternehmen über Add-on-Akquisitionen ist schon immer ein wichtiger Baustein für profitables Wachstum gewesen. Die erfolgreichsten Exits der Aurelius-Historie haben sich alle auch durch eine langfristige Add-on-Strategie sehr positiv entwickelt. Für das Jahr 2020 möchte ich an dieser Stelle stellvertretend das Add-on für unsere norwegische Tochter NDS Group hervorheben. Der Zukauf von Sola Shipping ergänzt das Produktportfolio von NDS im Bereich Schiffsbedarf optimal und stärkt den Marktanteil der Gesellschaft deutlich. Weitere Add-ons hier und für andere Konzerntöchter werden folgen.
Welches Transaktionstempo dürfen Ihre Anleger in 2021 erwarten? Spielt Ihnen das Marktumfeld angesichts eines steigenden Sanierungsbedarfs bei vielen Gesellschaften in die Karten oder befürchten Sie vielmehr Verzögerungen bei neuen Deals durch die zweite Welle der Pandemie?
Wir gehen von einem deutlich zunehmenden Transaktionstempo aus und sind sehr zuversichtlich, demnächst neue Akquisitionen vermelden zu können. Das betrifft sowohl die genannten Add-ons als auch neue, zum Teil deutlich größere Plattform-Transaktionen. Entsprechend investieren wir in Köpfe und stocken unser Experten-Team sukzessive auf. So konnten wir zuletzt zwei weitere erfahrene Partner für unsere Task Force für uns gewinnen. Der Markt ist im Umbruch, Konzerne orientieren sich im Zuge der Corona-Krise neu, ziehen sich aus einzelnen Märkten und Ländern zurück. Hier gilt es genau hinzuschauen und die aussichtsreichsten Unternehmen zu erwerben.
Im Oktober haben Sie angekündigt, Co-Investmentfunds zur Erweiterung ihrer Finanzierungsstrategie zu prüfen. Wie weit sind die Planungen in diesem Punkt inzwischen vorangeschritten?
Neben unserem bisherigen Transaktionsfokus sehen wir großes Potenzial für Aurelius in der Ausweitung des Geschäftsmodells auf größere Transaktionen in Verbindung mit der operativen Schlagkraft der Task Force. Wir haben uns daher neben den üblichen Finanzierungsinstrumenten das Thema Co-Investmentfonds genauer angesehen. Die diesbezüglichen Vorbereitungen schreiten planmäßig voran.
Wie erklären Sie sich den hohen Abschlag des Aurelius-Kurses gegenüber dem ausgewiesenen inneren Wert je Aktie? Droht noch größerer Korrekturbedarf beim NAV?
Zum 30. September 2020 lag der Net Asset Value des Aurelius Portfolios bei 950,7 Millionen Euro und damit bei 30,90 Euro. Die quartalsweise Aktualisierung für das vierte Quartal im Rahmen des Jahresabschluss 2020, an der unsere Kollegen gerade arbeiten, lässt auf eine positive Entwicklung schließen. Dass die Aktie mit einem im historischen Durchschnitt sehr hohen Abschlag von über 30 Prozent gegenüber dem ausgewiesenen Portfoliowert handelt, ist für bestehende Aktionäre aktuell sicherlich wenig erfreulich, allerdings bin ich zuversichtlich, dass sich dieses Missverhältnis in den nächsten Monaten wieder ausgleichen wird und wir dafür gute Argumente liefern können. Auf kurze Sicht ist die Börse nicht immer so effizient wie es im Lehrbuch steht, auf längere Sicht nähern sich die Kurse jedoch stets dem fairen Wert an.
Herr Täubl, vielen Dank für das Interview.
Operativ ist Aurelius gut unterwegs. Der Newsflow dürfte in den kommenden Wochen positiv bleiben. Der viel zitierte innere Wert je Aktie liegt dennoch deutlich über dem aktuellen Kursniveau. Mit dem Sprung über den charttechnischen Widerstand bei 21 Euro könnte die Aktie langsam aus ihrer Lethargie erwachen und den Abschlag verringern. Ein möglicher Impulsgeber wäre die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung. Auch wenn es bisher keine Details zu dem Thema gibt, scheint für 2020 eine Dividende in Richtung 1,00 Euro je Aktie aus Sicht des AKTIONÄR durchaus möglich. Das wäre zwar nicht so viel wie in der Vergangenheit, würde allerdings immer noch einer Rendite von rund fünf Prozent entsprechen. Die Aurelius-Aktie bleibt damit eine interessante Depotbeimischung für mittel- und langfristig orientierte Anleger.