Nach den Abverkäufen am Donnerstag und Freitag zeigen unter anderem die Aktien von Alibaba und Netease heute zunächst einen Stabilisierungsansatz. Die Zahlen bei Alibaba waren eigentlich ohnehin stabil. Beim Tencent-Rivalen Netease hatte lediglich der Gewinn je Aktie etwas enttäuscht. Aber die Zahlen spielen derzeit womöglich eine untergeordnete Rolle.
Nach dem starken Anstieg bei chinesischen (Internet-)Aktien in den vergangenen Monaten nehmen einige Anleger offenbar Gewinne vom Tisch. Ein Grund – neben charttechnischen Erwägungen – könnten auch erneute politische Spannungen sein. Reuters zitierte beispielsweise mit Dennis Dick einen Analysten und Händler beim Broker Triple D Trading. Der sagte demnach: China sei derzeit kein sicherer Ort für Investitionen, weil das geopolitische Risiko einfach unbekannt sei. Demnächst solle eine höhere Zahl an US-Truppen demnächst an der Ausbildung von taiwanischen Streitkräften beteiligt werden, sagte ein Insider.
Wirklich neu sind die Spannungen freilich nicht. Das Thema ist doch etwas komplexer als dieser monokausale Erklärungsansatz impliziert.
So sind beispielsweise die aktuellen Zahlen der chinesischen Internet-Konzerne schwer vergleichbar, weil das vierte Quartal noch durch Corona-Lockdowns beeinflusst wurde. Dazu kommen inzwischen aber wieder Sorgen vor neuen Preiskämpfen, wodurch die Gewinne der Unternehmen geschmälert werden könnten.
Auch beim reinen Wachstum sind die Aussichten nicht mehr ganz so rosig wie vor dem Durchgreifen der chinesischen Führung.
Bei Alibaba hat sich zudem unter anderem das Cloud-Wachstum zum sechsten Mal in Folge verlangsamt. Netease wiederum rechnet nach seiner Trennung von Activision Blizzard nicht damit, vor 2025 wieder ausländische Spiele auf den chinesischen Markt zu bringen.
Auf der regulatorischen Seite hatte es zuletzt Entspannungssignale gegeben (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende). Andererseits prüft die chinesische Medienaufsichtsbehörde gerade Maßnahmen gegen die Sucht der Jugendlichen nach Kurzvideos.
Was genau beim Abverkauf womöglich los ist und wie Anleger bei China-Aktien jetzt handeln können, wird DER AKTIONÄR in der kommenden Ausgabe näher beleuchten.
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba.