Der europäische Luft- und Raumfahrt-Konzern Airbus hat seine Gewinn-Prognose für 2024 deutlich gesenkt. Auch die Produktionszahlen werden nach unten angepasst, insbesondere für die Airbus A320-Familie. An der Börse sorgt das am Dienstag für einen Kurssturz der Airbus-Aktie. Mehrere Analysten senken ihre Kursziele.
Airbus-CEO Guillaume Faury hat am Montagabend eingeräumt, dass sich die Situation in der Lieferkette "nicht verbessert" habe und das Unternehmen gezwungen sei, seine Ziele anzupassen. Der bereinigte Gewinn vor Steuern und Zinsen dürfte im laufenden Jahr nun nur noch bei etwa 5,5 Milliarden Euro liegen (DER AKTIONÄR berichtete). Zuvor hatte das Ziel bei 6,5 bis 7,0 Milliarden Euro gelegen. Engpässe bei wichtigen Komponenten wie Triebwerken, Flugzeugstrukturen (Komponenten des Flugzeugrumpfs) und Kabinenausrüstungen seien die Hauptgründe für die Prognoseanpassung.
Der Flugzeugbauer rechnet zudem nicht mehr damit, 2024 sein Auslieferungsziel von rund 800 Verkehrsflugzeugen zu erreichen. Hier wurde die Erwartung auf um die 770 Maschinen reduziert. Experten hatten sich zuletzt bereits zurückhaltend zur Erreichbarkeit der alten Prognosen geäußert.
Außerdem schreibt Airbus im ersten Halbjahr eine knappe Milliarde Euro in seiner Raumfahrt-Sparte ab. Hintergrund seien aktualisierte Prognosen mit Blick unter anderem auf Zeitpläne, Risiken und Kosten während der Lebenszeit bestimmter Programme.
Am Dienstag-Vormittag stürzt die Airbus-Aktie im Xetra-Handel zeitweilig um mehr als elf Prozent auf 132,04 Euro ab. So tief stand das DAX-Schwergewicht zuletzt im November 2023.
Die Airbus-Aktie hatte sich gerade erst wieder von ihrem Mitte Juni markierten tiefsten Stand seit Anfang Januar erholt. JPMorgan-Analyst David Perry meinte, die Warnung sei bereits eingepreist gewesen. Gleichwohl sei sie massiv und wirke sich langfristig aus.
Gleich mehrere Analysten passen nach der Prognosesenkung ihre Kursziele für Airbus an. Deutsche Bank Research etwa hat Airbus nach der "überraschenden Gewinnwarnung" von "Buy" auf "Hold" abgestuft und das Kursziel von 186 auf 155 Euro deutlich gesenkt. Analyst Christophe Menard kappte in einer aktuellen Studie wegen der fortgesetzten Lieferkettenprobleme seine Schätzungen für das operative Ergebnis und den freien Barmittelzufluss des Flugzeugbauers bis 2026 um 13 bis 20 Prozent.
Die Schweizer Großbank UBS senkt das Airbus-Kursziel von 160 auf 151 Euro und bleibt bei der Einstufung "Neutral". Die reduzierten Ziele des Luftfahrtkonzerns dürften zu sinkenden Konsensschätzungen in puncto Profitabilität und Flugzeugauslieferungen führen, schrieb Analyst Ian Douglas-Pennant am Dienstag. Er schraubte seine Gewinnprognosen (EPS) für die Jahre 2024 bis 2026 um 15 bis 21 Prozent nach unten.
Die US-Bank JPMorgan erwartet auf Sicht von 12 Monaten nun nur noch einen Kurs von auf 172 statt zuvor 195. Die Einstufung beließ Analyst David Perry auf "Overweight". Die Warnung sei massiv und langfristig, allerdings nun bereits eingepreist.
Noch etwas optimistischer ist die britische Investmentbank Barclays. Sie hat das Kursziel für Airbus von 191 auf 176 Euro gesenkt, aber die Einstufung auf "Overweight" belassen. Analystin Milene Kerner kappte ihre Auslieferungsschätzungen bis 2026 um vier Prozent und rechnet nun nicht einmal mehr bis 2025 damit, dass das Niveau von 2019 wieder erreicht wird. Ihre Ergebnisprognose für 2024 stampfte Kerner um insgesamt 18 Prozent ein. Der Aktienkurs dürfte sich angesichts der Lieferkettenprobleme nur schleppend erholen, die Bewertung sei allerdings bereits niedrig.
Mit der Prognosesenkung und dem Kurssturz hat sich Chartbild für Airbus deutlich eingetrübt. Der Absacker unter den GD200 öffnet neues technisches Abwärtspotenzial. Die nächste Unterstützung liegt bei den Oktober-Tiefen bei gut 121 Euro. DER AKTIONÄR rät zum Halten der Position, mit einem Stop-Loss bei 119 Euro.
Mit der aktuellen Kursreaktion sollte das Gröbste überstanden sein. Airbus hat weiterhin langfristig hervorragende Aussichten, die Auftragsbücher sind prall gefüllt. Sollten sich die Lieferketten-Probleme legen, wird auch die Aktie wieder deutlicher steigen.
Kurzfristiger betrachtet, müsste das große Gap, das sich heute im Xetra-Handel zwischen etwa 148 und 137 Euro aufgetan hat, über kurz oder lang wieder geschlossen werden. Mutige Investoren setzen darauf mit einem Call-Optionsschein, etwa mit der WKN MG5TAM.
Übrigens: Wer Airbus lieber im Paket mit sieben weiteren Unternehmen der Luft- und Raumfahrt-Branche erwerben möchte, greift zum AKTIONÄR Weltraum Index. In diesem Strategie-Index sind auch der brasilianische Flugzeugbauer Embraer, der französische Luft- und Raumfahrtkonzern Thales, Boeing sowie Amphenol, Heico, Lockheed Martin und Virgin Galacic enthalten.
Mit dem Indexzertifikat WKN DA0AB7 können Anleger am Weltraum Index nahezu 1:1 partizipieren. Weitere Informationen zum Index, der im Mai ein neues Allzeithoch erreichte, gibt es hier.
(Mit Material von dpa-AFX)
Börsen.Briefing Newsletter
Bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen bei spannenden Unternehmen und an der Börse auf dem Laufenden. Lesen Sie das Börsen.Briefing. – den täglichen Newsletter des AKTIONÄR. Kostenlos.