Boeing strauchelt inzwischen bedenklich. Der US-Luftfahrtriese hat durch den Absturz von zwei Maschinen des Typs 737 Max hausgemachte Probleme. Jetzt kommt auch noch die größte Krise in der Luftfahrtgeschichte infolge der Coronavirus-Pandemie hinzu. Um zu überleben, ergreift der Airbus-Konkurrent jetzt immer drastischere Maßnahmen.
Die Coronavirus-Krise zwingt den angeschlagenen US-Luftfahrtriesen Boeing zu weiteren Einschnitten. Der Airbus-Rivale teilte am Freitag mit, dass Vorstandschef Dave Calhoun und Verwaltungsratsvorsitzender Larry Kellner bis zum Jahresende keine Bezahlung mehr erhielten. Zudem setzt der Flugzeugbauer seine Dividendenzahlung bis auf Weiteres aus und lässt sein bereits seit April 2019 ruhendes Aktienrückkaufprogramm noch länger pausieren.
"Boeing zehrt von all seinen Ressourcen, um den Betrieb fortzusetzen, Beschäftigte und Kunden zu unterstützen, und die Lieferkette in der Coronavirus-Krise aufrechtzuerhalten", teilte der Konzern mit.
Boeing steht ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Seit zwei Flugzeugabstürzen mit insgesamt 346 Toten gelten für das bis dahin meistgefragte Boeing-Modell 737 Max weltweit Flugverbote. Der Hersteller kann seitdem keine Mittelstreckenjets der Reihe mehr ausliefern, hat aber noch rund 400 Maschinen gebaut, ohne dass dem nennenswert Einnahmen gegenüberstanden. Das Unternehmen bezifferte die Belastung durch das 737-Max-Desaster zuletzt auf rund 18 Milliarden US-Dollar (16,8 Mrd Euro). Wann die Startverbote aufgehoben werden, ist weiterhin offen. Zuletzt hatte Boeing auf Mitte des Jahres gehofft.
Die Folgen der Coronavirus-Pandemie für die Produktion und die Finanzlage von Fluggesellschaften weltweit bringen den Luft- und Raumfahrtkonzern nun noch noch größere Not. Das Management wirbt um milliardenschwere Staatshilfen. Diese würden der gesamten Industrie zugutekommen, da ein großer Teil davon für Zahlungen an Zulieferer eingesetzt würde, argumentierte Boeing vor wenigen Tagen.
Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge versucht der Konzern, bei der US-Regierung mehr als 20 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern für sich und Unternehmen aus seiner Produktionskette zu bekommen. Vor wenigen Tagen hatte der Konzern bereits bekanntgegeben, dass er eine bestehende Kreditlinie von 13,8 Milliarden Dollar vollständig abgerufen hat.
Die weitreichenden Einschränkungen im weltweiten Flugverkehr treffen vor allem die Kunden von Boeing und Airbus schwer. Der Lufthansa-Konzern etwa streicht in den kommenden Wochen rund 95 Prozent seiner Flüge und plant Kurzarbeit für einen Großteil der Beschäftigten. Europas größter Billigflieger Ryanair lässt ab 24. März voraussichtlich alle oder fast alle Maschinen am Boden. Der Weltluftfahrtverband IATA schätzt, dass Fluggesellschaften weltweit insgesamt bis zu 200 Milliarden Dollar Nothilfe benötigen, um die Krise zu überleben.
Airbus und Boeing müssen damit rechnen, dass Airlines bestehende Flugzeugbestellungen jetzt stornieren oder die Auslieferung in die Zukunft verschieben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sagte jüngst, dass der Konzern derzeit überhaupt keine neuen Maschinen gebrauchen könne, da die bestehende Flotte von 763 Flugzeugen fast komplett am Boden stehe. Die Lufthansa verhandle bereits mit beiden Herstellern darüber, dass sie bestellte Maschinen erst später abnehme. Bei Boeing hat die Lufthansa Großraumjets der Typen 777X und 787 "Dreamliner" geordert, bei Airbus Großraumjets vom Typ A350 und Mittelstreckenjets aus der A320neo-Modellfamilie.
Auch die Luftfahrtmesse im britischen Farnborough im Juli fällt wegen der Coronavirus-Pandemie aus, wie die Veranstalter am Freitag mitgeteilt hatten. Die Farnborough Airshow südwestlich von London gilt als zweitgrößte Luftfahrtmesse der Welt und wechselt sich jährlich mit der weltgrößten Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris ab. Flugzeugbauer und Zulieferer sammeln dort meist Aufträge in Milliardenhöhe ein. Am Mittwoch war auch die eigentlich für Mai geplante Berliner Luftfahrtmesse ILA abgesagt worden.
Mit Material von dpa-AFX