Der seit Monaten schwelende Konflikt zwischen IG Metall und Airbus um den Umbau der zivilen Flugzeugfertigung in Deutschland tritt in die entscheidende Phase. Sollte am Montag (31. Januar) in Hamburg keine Lösung am Verhandlungstisch erreicht werden, will die Gewerkschaft eine Urabstimmung über einen Streik einleiten.
"Ganz klar, unsere Warnstreiks haben Wirkung gezeigt", schrieb der Verhandlungsführer und norddeutsche Bezirksleiter der IG Metall, Daniel Friedrich, in einem Flugblatt an die die Belegschaft. Nach bis dahin fünf ergebnislosen Verhandlungsrunden hatte Friedrich bereits am 14. Januar erneut mit dem Management gesprochen und sieht erste Fortschritte, betont aber auch: "Von konkreten Ergebnissen sind wir noch entfernt und es muss sich zeigen, wie verlässlich die bisherigen Gespräche am Ende des Tages sind." Bei Airbus hieß es am Dienstag lediglich: "Wir sind im Gespräch." Den aktuellen Verhandlungsstand wollte das Unternehmen nicht kommentieren.
Airbus hatte eigentlich die Absicht, bereits Anfang 2022 die Montage von Flugzeugrümpfen und -strukturen in einem neuen Tochterunternehmen zusammenzufassen. Betroffen wären die Airbus-Werke Stade, Teile des Standorts Hamburg sowie die Airbus-Tochter Premium Aerotec mit drei der vier Augsburger Werke und den Standorten Bremen und Nordenham. Zudem will der Flugzeugbauer die Teilefertigung bei Premium Aerotec in Augsburg, im friesischen Varel und in Rumänien an einen Investor verkaufen.
Für den vor Boeing derzeit weltgrößten Flugzeugbauer käme ein Arbeitskampf zur Unzeit: Nachdem Airbus die Produktion der Kassenschlager aus der A320-Familie in der Corona-Krise von rund 60 auf 40 Maschinen pro Monat zurückfuhr, steuert er inzwischen Rekorde an. Nach monatlich etwa 45 Jets Ende 2021 soll es bis Sommer 2023 schrittweise auf 65 Maschinen nach oben gehen, wie Konzernchef Guillaume Faury vor zwei Wochen bekräftigte. Das wären so viele wie nie zuvor. Für Mitte des Jahrzehnts hat der Manager bis zu 75 Maschinen pro Monat im Auge.
Die US-Bank JPMorgan hat die Einstufung für Airbus derweil auf "Overweight" mit einem Kursziel von 150 Euro belassen. Analyst David Perry verpasste seinen Schätzungen für das vergangene Jahr in einer am Dienstag vorliegenden Studie nochmals den letzten Feinschliff. Er rechnet damit, dass die Auswirkungen der Omikron-Welle zügig vorbei gehen. Die Situation um den Ukraine-Konflikt sei unsicherer, er sieht darin aber keine wirkliche Bedrohung für den weltweiten Luftverkehr. Airbus bleibe sein "Top Pick" in der europäischen Luftfahrt- und Rüstungsbranche.
Auch DER AKTIONÄR stuft Airbus weiterhin als aussichtsreich ein und hat ein Kursziel von 140 Euro ausgegeben. Anleger bleiben an Bord, sichern die Position aber mit einem Stopp bei 95 Euro nach unten ab.