Activision Blizzard kämpft um die E-Sports-Krone. Unter dem Zepter des Gaming-Konzerns soll mit hohen Investitionen das Randphänomen zum Massensport entwickelt werden. Das Potential für zusätzliche Umsätze ist gewaltig.
Mit unglaublicher Schnelligkeit und Präzision steuern professionelle „Call of Duty“-Spieler ihre virtuellen Soldaten durch die Spielwelt. Bis zu 14 Stunden täglich trainieren Pro-Gamer, um das Videospiel zu meistern. Der Einsatz ist hoch – der Gewinn ebenso. Das Preisgeld für die Teams, die an der letzten „Call of Duty“-Weltmeisterschaft teilnahmen, betrug zwei Millionen Dollar. Verglichen mit den Turnieren im Tennis, Golf oder Pferderennen ist das wenig – dennoch verdienen die meisten Pro-Gamer jährlich sechsstellige Summen, manche sogar über eine Million Dollar.
Die Preisgelder und Gehälter im sogenannten E-Sport (elektronischer Sport) steigen mit den wachsenden Zuschauerzahlen und Erlösen an. Rund 323 Millionen Zuschauer generierten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 419 Millionen Euro. Ein wachsender Markt, von dem insbesondere Activision Blizzard profitiert. Der Spiele-Entwickler hat zahlreiche Titel im Portfolio, die sich hervorragend für elektronische Wettkämpfe eignen. Neben Call of Duty sind hier Starcraft, Hearthstone und Overwatch zu nennen. E-Sport-Turniere sind für diese Videospiele nicht nur ein unglaublich erfolgreiches Marketing – Activision verdient auch direkt an dem Phänomen.
Die Firmen-Tochter Major League Gaming (MLG) veranstaltet Wettkämpfe und überträgt sie in einem Live-Stream. Über 20 Millionen Zuschauer verfolgen jeden Monat die Übertragungen und spülen durch Video-Werbung, Sponsoring, Ticketverkäufe und Merchandising zusätzliche Umsätze in Activisions Kassen.
In der Investorenkonferenz zum aktuellen Quartalsbericht sagte Konzernchef Robert Kotick, dass im E-Sport ähnliche Umsätze möglich seien wie in der NBA. Zum Vergleich: die amerikanische Basketball-Liga erlöste in der Saison 2015/16 rund 5,23 Milliarden Euro. Um dieses hohe Ziel zu erreichen, setzt der Activision-Chef ganz auf die zum Jahresende startende Overwatch League.
Laut einer optimistischen Schätzung von Morgan Stanley dürfte die professionelle Liga Jahresumsätze von 720 Millionen Dollar und einen Gewinnzuwachs von 0,37 Dollar je Aktie erzielen – vorausgesetzt, aus dem Randphänomen E-Sport entwickelt sich ein Massensport und Werbe- sowie Sponsorengelder beginnen zu fließen. Ein weiter Weg bis zur NBA – aber ein riesiger Schritt in die richtige Richtung, denn Overwatch ist nur ein Spiel in Activisions breitem Portfolio, das durch E-Sport zusätzlich monetarisiert werden kann.
Einen weiteren Vorteil hat das E-Sport-Engagement: Es erweitert die Bilanz eines diversifizierten Unternehmens um eine zusätzliche Umsatzquelle. Bisher erzielte Activision Blizzard den Großteil der Gesamtumsätze 2016 von 6,61 Milliarden Dollar in drei Segmenten. Der stärkste Bereich ist das Konsolen-Geschäft (2,43 Milliarden Dollar), dicht gefolgt von PC (2,12 Milliarden Dollar) und Mobile (1,67 Milliarden Dollar). Besonders hervorzuheben ist der nach der abgeschlossenen Akquisition von King Digital um 300 Prozent gewachsene Mobile-Sektor. Das Smartphone wird zur vollwertigen Gaming-Maschine, die jedermann zu jeder Zeit bei sich trägt. Das treibt den Mobile-Markt an – Activision profitiert von diesem Boom.
Mit einem 2018er-KGV von 23 liegt Activision in der Mitte der Peergroup (Electronic Arts 22, Take Two 24). Die hohen Investitionen in E-Sport und Mobile drücken jedoch auf die Gewinne – entsprechend „schwach“ ist das PEG von 0,9 im Branchenvergleich. Doch Activision ist die differenzierteste Firma im Spielemarkt und zahlt als einzige eine Dividende – E-Sport und Mobile halten dabei das Potenzial für weitere Kursgewinne hoch.