Der Kursrutsch der Wirecard-Aktie nach zwei negativen Berichten der Financial Times in der Vorwoche hat rund sieben Milliarden Euro Börsenwert vernichtet und dabei die meisten Privatanleger kalt erwischt. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert nun strengere Regeln für den Aktienhandel.
„Der Fall Wirecard zeigt einmal mehr, dass der Regulierer gefordert ist, die Anleger besser vor solch unkontrollierten Kursstürzen zu schützen“, so DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. „Gerade in Fällen wie diesem muss der Kurs an allen Börsen, an denen das Papier gehandelt wird, kurzfristig ausgesetzt werden.“
Es gehe dabei darum, die entstehende Dynamik insbesondere automatisierter Verkaufsorders zu unterbrechen, um den Anlegern die Chance zu geben, die Situation in Ruhe zu beurteilen, und den Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, auf die erhobenen Vorwürfe zu reagieren. „Das müssen die betroffenen AGs dann aber auch schnell und entschlossen tun.“ Die DSW fordert daher eine Vereinheitlichung und Konkretisierung der Vorschriften für Kursaussetzungen – beispielsweise eine einheitliche Schwelle, wann ein Papier vom Handel auszusetzen ist.
Die geltenden Regeln würden denjenigen in die Hände spielen, die mit derartigen Attacken schnell und nahezu risikolos Geld verdienen wollen. Verlierer seien in solchen Fällen immer die Privatanleger, die nicht schnell genug reagieren könnten, so der Anlegerschützer.
Börsenbetreiber warnt vor Handelsaussetzungen
Beim Börsenbetreiber Deutsche Börse in Frankfurt sieht man jedoch keinen Handlungsbedarf: „Eine Aussetzung kommt nur in Frage, wenn die Ordnungsmäßigkeit des Börsenhandels gefährdet erscheint”, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters. Dies sei bei starken Preisschwankungen aber nicht automatisch der Fall. „Solange kein Informationsungleichgewicht im Markt besteht, genügt der Umstand, dass offenbar erhebliche Teile des Marktes die Aktie veräußern, nicht für eine Aussetzung des Handels.“
Als Schutzmechanismus hatte es im Xetra-Handel an den turbulenten Tagen zudem mehrere Volatilitätsunterbrechungen gegeben. Dabei wird aus dem fortlaufenden Handel in den Auktionsmodus gewechselt. Dabei werden Orders nicht sofort ausgeführt, sondern bis zum Ende der Auktionsphase gesammelt, was den Handel in Extremsituationen entschleunige. Eine Aussetzung des Handels sei in solchen Situationen dagegen nicht sinnvoll, da dies die Unsicherheit der Marktteilnehmer und die Volatilität in aller Regel weiter steigen lasse, so der Deutsche-Börse-Sprecher.
Aktie auf der Watchlist
Für die Wirecard-Aktie geht es nach dem Kursschock in der Vorwoche am Dienstag weiter bergauf. Vom zwischenzeitlichen Freitags-Tief bei 99,86 Euro hat sich die Aktie bereits über 30 Prozent abgesetzt, bis zum Vor-Crash-Niveau bei rund 170 Euro ist es aber trotzdem noch ein weiter Weg. DER AKTIONÄR bleibt weiterhin an der Seitenlinie.