FRANKFURT/LONDON/NEW YORK (dpa-AFX) - Kaum ein Thema versetzt Umweltschützer und Anleger zugleich derzeit so sehr in Spannung wie Wasserstoff. Das "Wundermittel" soll fossile Kraftstoffe ablösen, mit Brennstoffzellen emissionsfreie Mobilität ermöglichen und als Energiespeicher dienen - und wenn er dann noch umweltfreundlich produziert wird, umso besser. Die Virus-Krise hat diese Bestrebungen sogar noch befeuert: Inmitten von Covid-19 könnte "der Wasserstoff- und Brennstoffzellensektor ein großer Gewinner bei den nationalen Programmen zur Wiederbelebung der Industrie sein", glaubt Experte Adam Collins vom Investmenthaus Liberum.
Vieles davon ist Zukunftsmusik - und genau die Zukunft wird an der Börse gehandelt. Zudem können Wasserstoff-Investoren auf der aktuellen Nachhaltigkeitswelle mitschwimmen. Henrik Pontzen, der bei dem Vermögensverwalter Union Investment für umweltfreundliche und sozialverträgliche Anlagen verantwortlich ist, formulierte es so: "Die nötigen Investitionen für grünen Wasserstoff sind enorm. Hier werden wir Investoren unseren Beitrag leisten." Dabei hoffen Investoren natürlich auch, dass sich ihr Engagement am Ende finanzielle auszahlt.
Aktien wie die des norwegischen Wasserstoffspezialisten Nel
Analyst Gerard Reid, Partner und Mitgründer des Beratungsunternehmens Alexa Capital, fühlte sich im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX an den Beginn des Solarbooms vor etwa 15 Jahren erinnert. Auch seinerzeit herrschte Goldgräberstimmung: In Deutschland sorgte das Erneuerbare-Energien-Gesetz für rasantes Wachstum, doch wurde der starke Wettbewerbsdruck aus dem Ausland übermächtig. "Aktuell wird der Wasserstoffaktien-Boom vor allem von Privatanlegern angeheizt, die von Anlagetipps in Börsenbriefen angelockt werden und auf Subventionen für den Sektor setzten", erklärte Reid vor diesem Hintergrund.
Und das kommt nicht von ungefähr: Der Bund etwa hat schon viele Hundert Millionen Euro in die Forschung zum Wasserstoff gesteckt. Weitere, milliardenschwere Förderprogramme laufen. Im großen Konjunkturpaket gegen die Corona-Krise sind darüber hinaus Milliarden für internationale Partnerschaften auf diesem Gebiet vorgesehen. Denn längerfristig wird mehr Wasserstoff gebraucht, als Deutschland allein produzieren kann - allein schon wegen der enormen Strommengen, die dafür notwendig sind. Die Europäische Union legte vor kurzem auch eine Wasserstoff-Strategie vor, die Investitionen voranbringen und dafür öffentliche wie private Gelder mobilisieren soll.
Interessant findet Reid insgesamt eher Nischenanbieter, die zum Beispiel mit Hilfe der Elektrolyse Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen gewinnen oder in der Brennstoffzellenproduktion tätig sind. Diese Zellen finden sich heutzutage in fast jedem Wasserstoff-Auto.
Generell aber mahnte der Experte zur Vorsicht, auch da viele der aktuell heiß diskutierten Unternehmen unter dem Strich seit Jahren oft Verluste einfahren. Insofern könnten auch hart gesottene Investoren irgendwann die Geduld verlieren und aussteigen.
Ein mahnendes Beispiel dafür ist Fuelcell Energy
Wer es konservativer mag, könnte Experten zufolge aber auch über die Standardtitel Air Liquide
Analyst Reid hat derweil eine weitere Beobachtung gemacht, die für vorsichtige Anleger ebenfalls interessant sein könnte: Aktuell sprängen nun auch solche professionellen Investoren auf den Zug auf, die den Sektor über börsengehandelte Indexfonds abbilden. Diese sogenannten ETF sind derzeit bei Anlegern sehr beliebt, weil sie breit gestreute Investments ermöglichen. Wer also seinem Portfolio etwas Wasserstoff beimischen möchte, könnte auch hier fündig werden./la/bek/mis
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX