Eine Studie hat der gebeutelten Gerresheimer-Aktie am Dienstag wieder etwas Leben eingehaucht. Sonst fehlt es jedoch an frischen Impulsen. In den vergangenen Monaten hat das Papier deutliche Verluste verzeichnet und befindet sich derzeit auf Bodensuche. Sollte man nun einen Fuß in die Tür stellen?
Mit einem Kursplus von drei Prozent ist die Gerresheimer-Aktie am Dienstag an der MDAX-Spitze in den Xetra-Handel gestartet. Grund war ein positiver Kommentar von Bernstein.
„Gute Einstiegsgelegenheit für langfristig orientierte Anleger“
So hat das Analysehaus die Gerresheimer-Aktie mit „Outperform“ und einem Kursziel von 100,30 Euro gestartet. Nach aktuellem Stand impliziert dies ein Potenzial von rund 35 Prozent. Analystin Delphine Le Louet sieht in den gesenkten Jahreszielen für 2024 und den vorsichtigen Prognosen für 2025 keine Belastung, sondern eine gute Einstiegsgelegenheit für langfristig orientierte Anleger. Unsicherheiten wie der noch nicht abgeschlossene Bormioli-Zukauf seien zwar zu beachten, könnten jedoch bei erfolgreicher Integration langfristig für zusätzlichen Schub sorgen.
Auch JPMorgan bleibt positiv gestimmt und bestätigte zuletzt das Kursziel von 121,80 Euro, was einem Potenzial von 63 Prozent entspricht. Die US-Bank verweist auf die günstige Bewertung der Aktie und hebt die Beteiligung eines aktivistischen Investors hervor. Am 8. Oktober teilte Gerresheimer mit, dass der Hedgefonds Eminence Capital unter der Leitung von Ricky Chad Sandler einen Anteil von 5,43 Prozent am Unternehmen erworben hat. Der Konzern steht seit dem Sommer in konstruktivem Austausch mit dem als aktivistisch bekannten Investor, hat jedoch den Eindruck, dass keine aktivistische Agenda verfolgt wird. Zudem mag das 25er KGV von 14 günstig erscheinen, jedoch ist Gerresheimer damit immer noch acht Prozent teurer als seine Wettbewerber.
Gerresheimer hatte zuletzt mit deutlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Gewinnwarnung Ende September und die damit einhergehende Reduktion der Jahresziele sorgten für Enttäuschung bei Anlegern. Für 2024 erwartet das Unternehmen ein organisches Umsatzwachstum von drei bis vier Prozent (zuvor: fünf bis zehn Prozent), für 2025 von sieben bis zehn Prozent (zuvor: zehn bis 15 Prozent). Seit Jahresbeginn hat die Aktie etwa 20 Prozent an Wert verloren.
Zu den Belastungen zählen unter anderem schwächer als erwartete Marktbedingungen und Produktionsausfälle. Beispielsweise wurde ein Werk für Injektionsfläschchen im US-amerikanischen Morganton durch den Hurrikan Helene vorübergehend lahmgelegt, was die Produktionskapazitäten beeinträchtigt hat.
Trotzdem zeigt sich in den letzten Wochen eine leichte Erholung: Die Aktie konnte sich von ihrem Tief bei unter 70 Euro um gut sechs Prozent lösen und notiert derzeit wieder bei rund 75 Euro.
Das Management setzt auf konservative Zielsetzungen, um Enttäuschungen zu vermeiden, sieht jedoch Potenzial für eine nachhaltige Verbesserung ab 2025. Der Bereich Primary Packaging Glass bleibt aufgrund der Bormioli-Integration vorerst ein Unsicherheitsfaktor. Dennoch gibt es Anzeichen, dass sich die Nachfrage langsam erholt.
Die Mehrheit der Analysten sieht langfristig Potenzial für die Gerresheimer-Aktie. Sollten die Ziele für 2025 erreicht oder gar übertroffen werden, könnte dies den Kurs nachhaltig stützen. Kurzfristig bleibt die Aktie jedoch volatil. Wichtige technische Marken sind die Unterstützung bei 70 Euro und der Widerstand bei 80 Euro.
Mit den gekappten Zielen hat Gerresheimer einiges an Anlegervertrauen verspielt. Um dieses zurückgewinnen muss der Spezialglas- und Verpackungshersteller seine Prognosefähigkeit erst wieder unter Beweis stellen. Das Chartbild ist zudem stark angeschlagen. Anleger warten eine klare Trendumkehr ab.