Bayer will seinen Medikamentenkandidaten Asundexian gegen Schlaganfälle nun auch in zulassungsrelevanten Studien an einer breiten Patientengruppe testen. Auf Basis der Phase-2-Daten werde das Phase-3-Entwicklungsprogramm Oceanic gestartet, teilte der DAX-Konzern am Sonntag mit.
Der Programmerfolg entscheidet darüber, ob das Mittel ein Nachfolger für Bayers Xarelto wird, einem anderen Gerinnungshemmer, der für Milliardenumsätze sorgt. Experten dürften sich nach einer genaueren Analyse der Phase-2-Daten zeitnah zu den Erfolgsaussichten äußern.
Asundexian ist ein sogenannter Faktor XIa-Hemmer. Dabei handelt es sich um eine noch junge Wirkstoffklasse, von der sich Experten geringere Blutungsrisiken als bei aktuellen Faktor-Xa-Gerinnungshemmern wie Apixaban (Handelsname Eliquis) von Bristol-Myers Squibb (BMS) und Pfizer sowie Xarelto von Bayer versprechen.
Das neue Programm untersucht laut Bayer die Wirksamkeit und Sicherheit von Asundexian als Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung). Erste Patienten sollen noch 2022 in das Programm eingeschlossen werden. Zudem wird das Mittel bei Patienten untersucht mit einem bestimmten Hirninfarkt (nicht-kardioembolischer ischämischer Schlaganfall) oder einer bestimmten Durchblutungsstörung, die Vorbote eines Schlaganfalls sein kann. Gemeint ist eine sogenannte Hochrisiko-TIA (transitorische ischämische Attacke).
Das Analysehaus Jefferies hat die Einstufung für Bayer nach Phase-2-Studiendaten zum Blutgerinnungshemmer Asundexian auf "Buy" mit einem Kursziel von 70 Euro belassen. Beide vorgestellten Studien hätten zwar die Sicherheitsendpunkte erreicht, aber nicht die primären Endpunkte für die Wirksamkeit, schrieb Analyst Charlie Bentley in einer am Sonntag vorliegenden Studie. In der Studie zu Hirninfarkten habe zumindest der sekundäre Endpunkt eine Verringerung der Fälle um rund 20 Prozent gezeigt im Vergleich zu Placebo. Der Medikamentenkanditat der Konkurrenz, Milvexian, habe in solch einer Studie zwar auch den primären Endpunkt verfehlt, beim sekundären aber eine Senkung der Fälle um 30 Prozent gezeigt.
Wie wichtig ein Erfolg neuer Medikamente für Bayer ist, verdeutlicht ein Blick auf Xarelto, dessen Umsätze in den kommenden Jahren wegen wegfallender Patente schrumpfen werden. Das Mittel zur Prävention von Blutgerinnseln und von Schlaganfällen ist seit 2008 auf dem Markt und der wichtigste Umsatzbringer im Pharmageschäft. 2021 erlösten die Leverkusener mit dem Medikament gut 4,7 Milliarden Euro. Das war rund ein Viertel der gesamten Pharmaerlöse und knapp elf Prozent des Konzernumsatzes.
Die weiteren Entwicklungen rund um Asundexian sind von enromer Bedeutung. Schließlich muss Bayer potenzielle Umsatzeinbußen durch Patentverluste in den kommenden Jahren bei den bisherigen Top-Sellern Xarelto und Eylea kompensieren. Das große Bild bei den Leverkusenern bestimmen allerdings nach wie vor Rechtsstreitigkeiten. Anleger sollten den Titel daher vorerst weiter meiden.