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Foto: Lucid
11.08.2022 Jochen Kauper

Zukunftsforscher Mario Herger: "Tesla stellt nicht nur Autos her, sondern ein Netzwerk"

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Tesla

Tolles Gründerteam, klasse Architektur, Software-Expertise und die Vision, ein Netflix auf vier Rädern hochzuziehen. In der E-Mobility-Szene ist nach wie vor viel Bewegung.  Zuletzt kamen viele neue Startups wie Canoo, Rivian oder Lucid an die Börse. Trendsetter ist und bleibt allerdings Tesla.


Der AKTIONÄR sprach mit dem Branchenexperten und Zukunftsforscher Mario Herger über dieses Thema.

DER AKTIONÄR: Herr Herger, Tesla will 10 oder 12 Gigafactories - langfristig - hochziehen - was will Musk auf lange Sicht?


Mario Herger: Die Weltherrschaft! Spaß beiseite. Elon Musk hat das eigentlich in seinen Masterplänen schon vorgezeichnet. Den zweiten Masterplan stellte er schon 2016 vor, in dem er davon sprach, die Produktpalette von elektrischen Fahrzeugen für alle wichtigen Segmente zu erweitern. Mit den ersten Autos für den Massenmarkt, Model 3 und Y, hat er schon gezeigt, dass er damit einerseits eine riesige Nachfrage erzeugen, und andererseits eine sehr hohe Profitmarge erwirtschaften kann. Die Nachfrage ist insofern beachtenswert, da Tesla noch immer keine Fahrzeuge in den unteren Preissegmenten anbietet.

Interessant ist dabei auch, dass die Eintauschfahrzeuge der neuen Tesla-Besitzer nicht nur die erwarteten Umsteiger von Premiumfahrezeugen wie BMW oder Mercedes sind, sondern auch viele, die Honda oder Toyota fuhren, somit Fahrzeuge, die doch signifikant unter dem Preispunkt liegen, den Teslas kosten. Mit anderen Worten: diese Fahrer sind bereit für Teslas viel mehr Geld auszugeben, als sie es bislang wollten.

Damit lässt sich ableiten, wieso Tesla 10 bis 12 Gigafactories bis Ende des Jahrzehnts hochziehen möchte: Nicht nur um die ungebrochene Nachfrage nach Model.3 und Y zu befriedigen, sondern um auch in die unteren Preissegmente einzudringen. Und dabei aber trotzdem es schaffen wird, eine Profitmarge zu erwirtschaften, die heute für viele nur ein unerreichter Traum ist.

Foto: Nadezda Murmakova/Shutterstock

DER AKTIONÄR: Was übersehen dann viele Anleger? Schliesslich ist die Bewertung der Tesla-Aktie extrem ambitioniert!?

Mario Herger: Tesla stellt ja nicht nur Autos her, sondern ein Netzwerk. Jedes dieser Autos soll laut dem zweiten Masterplan in der Robotaxi-Flotte mitfahren und Geld für die Besitzer erwirtschaften können. Und damit wird für Fahrer, die sich für ein Elektroauto entscheiden müssen, ein beinahe unwiderstehliches Argument für Tesla werden. Tesla schafft damit eine Nachfrage, die das übersteigen wird, was wir heute kennen. Damit ist die heute so gigantische erscheinende Zahl an Gigafactories nur logisch, um die durch Netzwerkeffekt getriebene Nachfrage zu erfüllen. 20 Millionen Autos pro Jahr in einem Dutzend Gigafactories scheinen da schon wieder eine konservative Schätzung zu sein.


DER AKTIONÄR: Ist es nicht schwierig, sich nur auf zwei Modelle, sprich das Mpdel Y und das Model 3 zu stützen?


 Mario Herger: Momentan ist die Nachfrage so stark, dass Tesla gar nicht nachkommt, sie zu fertigen, trotz des phänomenalen Wachstums, das Tesla jedes Jahr hingelegt. Sobald Tesla etwas Luft hat – dieses Jahr hat sich Tesla ja das verschrieben, was nichts anderes bedeutet als: keine neuen Modelle 2022 – wird sicherlich anders werden in den kommenden Jahren. Kompaktautos in unteren Preisklassen werden Tesla aus der Hand gerissen werden.

Foto: canadianPhotographer56/Shutterstock

DER AKTIONÄR: In Bezug auf autonomes Fahren hält Musk daran fest, nur auf Kameras statt wie andere Hersteller,  auch auf LIDAR zu setzen. Wird er dadurch scheitern?

Es ist sicherlich eine riskante Herangehensweise, weil Musk meint, dass Kameras alleine mit den entsprechenden Algorithmen ausreichen. Und mittel- bzw. langfristig wird er sicher recht behalten. Schon in der Vergangenheit saen wir, dass Algorithmen – wie beispielsweise bei Videokompressionen oder in der KI – wichtiger für den Fortschritt waren, als verbesserte Hardware. Und das gilt bei autonomen Fahren ganz besonders.

Tesla (WKN: A1CX3T)

Man darf nicht vergessen, dass mehr Sensoren und mehr Sensormodalitäten sich nicht automatisch in mehr Sicherheit ausdrücken. Es wird nämlich gleichzeitig mehr Komplexität geschaffen, die in der Software behandelt werden muss. Widersprüchliche Signale von unterschiedlichen Sensoren verlangen nach Algorithmen, die entscheiden, wer von den Sensoren recht hat. Und da schleichen sich auch wieder Fehler ein.


Herr Herger, vielen Dank für das Interview.

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