14 Jahre und nichts passiert. Die Volkswagen-Vorzüge sind am Freitag auf den tiefsten Stand seit September 2010 gefallen. Doch damit nicht genug: Der Indien-Einheit des Konzerns werden Steuerhinterziehungen in Milliarden-Höhe vorgeworfen. VW drohen empfindliche Strafzahlungen. Und das in Zeiten, in denen die Gewinne bereits dahinschmelzen.
Wie ein Reuters-Bericht am Freitag aufdeckte, hat die Konzerntochter Skoda Auto Volkswagen India laut der indischen Zollbehörde zwischen 2012 und 2022 Importsteuern in Höhe von 1,36 Milliarden Dollar umgangen. Der Vorwurf: Die Fahrzeuge wurden als Bausatz geliefert, aber fälschlicherweise als Einzelteile deklariert und importiert, um statt der üblichen 30 bis 35 Prozent lediglich 5 bis 15 Prozent Zoll zu zahlen.
Statt der geschuldeten 2,35 Milliarden Dollar entrichtete das Unternehmen lediglich 981 Millionen Dollar. Sollte sich der Verdacht bestätigen, könnten die Behörden zusätzlich Zinsen und Strafen bis zu einer Maximalhöhe von 100 Prozent verhängen. Somit könnte laut Bericht eine Zahlung von bis zu 2,8 Milliarden Dollar drohen. Die Zollbehörde spricht von einer „vorsätzlichen Umgehung“, die durch interne Software und aufgesplitterte Lieferungen verschleiert worden sei.
Bereits 2022 hatten Ermittler drei VW-Standorte in Indien durchsucht und dabei E-Mail-Backups sowie Importdokumente beschlagnahmt. Auch der Geschäftsführer der Indien-Tochter, Piyush Arora, wurde vernommen, lieferte jedoch keine zufriedenstellenden Antworten.
Volkswagen wies die Vorwürfe zurück und erklärte, man halte sich an alle lokalen und internationalen Gesetze. Eine detaillierte Prüfung der Anschuldigungen sei im Gange, und das Unternehmen arbeite eng mit den Behörden zusammen. Ob die Frist von 30 Tagen für eine Stellungnahme eingehalten wurde, kommentierte der Autobauer nicht.
Betrugsvorwürfe zur Unzeit
Für Volkswagen kommen die Vorwürfe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Der Konzern kämpft derzeit auf sämtlichen Märkten mit Absatzproblemen und wegbrechenden Gewinnen. Im laufenden Jahr wird sich der Nettogewinn laut Bloomberg-Schätzungen auf rund 11,5 Milliarden Euro circa halbieren. Wirkliche Besserung ist auch in den kommenden Jahren nicht in Sicht. Die Kernmarke VW will daher alleine in Deutschland drei Werke schließen. Eine Strafe von bis zu 2,8 Milliarden Dollar würde den Konzern empfindlich treffen.
Volkswagen-Vorzüge auf Mehrjahrestief
Die VW-Aktie rauschte am Freitag in der Spitze um bis zu 2,2 Prozent auf 78,86 Euro in die Tiefe und notierte damit auf dem niedrigsten Stand seit September 2010. Inzwischen hat sich das Papier wieder etwas erholt, charttechnisch könnte es aber durchaus noch weiter fallen. Die nächste schwache Unterstützung liegt im Bereich von 77 Euro. Darunter stützt erst die 70-Euro-Marke.
Bei Volkswagen ist derzeit der Wurm drin. Sicherlich ist auf dem aktuellen Niveau schon viel eingepreist, allerdings gibt es kaum Anzeichen, die auf eine Trendwende hoffen lassen. Anleger machen einen großen Bogen um die Aktie.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..