Die Situation rund um den größten und wichtigsten deutschen Gas-Konzern Uniper spitzt sich zu. Die Bundesregierung prüft eine weitere Kapitalerhöhung, die zu einer "signifikanten Mehrheitsbeteiligung" führen dürfte. Auch eine Verstaatlichung des in Schieflage geratenen Konzerns wird diskutiert. Die Uniper-Aktie stürzt auf ein neues Allzeittief ab.
Die Ereignisse um den MDAX-Konzern übeschlagen sich. Der angeschlagene Energiekonzern Uniper könnte verstaatlich werden. Noch ist zwar nichts entschieden. Doch an der Börse wird dieses Szenario am Mittwoch bereits gespielt. Die noch im MDAX notierte Aktie stürzt um ein weiteres Fünftel ab und markiert unter der 4-Euro-Marke neue Rekordtiefen (siehe Chart via Tradegate).
Bei den Bemühungen um die weitere Stabilisierung von Deutschlands wichtigstem Gasimporteur Uniper ist nach Angaben des Unternehmens ein verstärktes Engagement des Bundes im Gespräch. Aufgrund der gestiegenen Unsicherheiten prüfen die Beteiligten nun "eine direkte Kapitalerhöhung, die zu einer signifikanten Mehrheitsbeteiligung des Bundes an Uniper führen würde", teilte Uniper am Mittag in einer Börsenmitteilung mit.
Krisen-Gespräche laufen
Es seien aber noch keine Entscheidungen über das Stabilisierungspaket vom Juli hinaus getroffen worden. Im Juli hatten sich die Bundesregierung und der angeschlagene Energiekonzern sowie dessen finnische Mutter Fortum auf ein milliardenschweres Rettungspaket geeinigt, das auch den Einstieg des Bundes vorsieht. Fortum hält bisher gut drei Viertel der Uniper-Anteile.
"Seit der Unterzeichnung der Stabilisierungsvereinbarung hat sich die europäische Energie-Krise weiter verschärft, da derzeit keine russischen Gasmengen durch Nord Stream 1 geliefert werden und sowohl die Gas- als auch die Strompreise sehr hoch und volatil sind", erklärte Uniper. "Infolgedessen haben sich seit Juli die finanziellen Verluste von Uniper aufgrund der höheren Gas-Beschaffungskosten deutlich erhöht."
Worst-Case-Szenario eingetreten
Aus der Bundesregierung ist zu hören, dass nun nicht das Basisszenario eingetreten sei, sondern das Worst-Case-Szenario. Wenn der Anteil an Fremdkapital zu hoch werde, müsse zwangsläufig mit Blick auf die Finanzmärkte Eigenkapital nachgeschossen werden.
Uniper hat nichts gegen eine Übernahme. Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats, Harald Seegatz, würde es begrüßen, wenn die Bundesregierung tatsächlich mit einer Mehrheit einsteigen würde: "Das wäre der richtige Schritt, um das Unternehmen zu stabilisieren", sagte er der Rheinischen Post (Donnerstag).
Uniper sei mit seinen rund 5.000 Beschäftigten allein in Deutschland für die Energieversorgung systemrelevant und benötige dauerhafte Unterstützung. "Deutschland braucht Uniper, und Uniper braucht den Staat." Arbeitnehmervertreter hatten bereits Ende August in einem Schreiben an die Bundesregierung um eine Mehrheitsübernahme gebeten.
Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt, Uniper seine langfristigen Verträge aber erfüllen und sich das fehlende Gas teuer auf dem Markt kaufen muss. Das Pipeline-Gas aus Russland wurde einst sehr günstig angeboten.
Der in großer Finanznot steckende Konzern kann kurzfristig wohl nur durch eine Mehrheitsübernahme durch den Staat gerettet werden. Die verbliebenen Aktionäre würden nach einem Ausstieg von Fortum dann wohl auf einer außerordentlichen Hauptversammlung darüber abstimmen. DER AKTIONÄR hat seit Wochen vor einem größeren Engagement in der Uniper-Aktie gewarnt, die mit Wirkung vom kommenden Montag an in den SDAX absteigt.
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(Mit Material von dpa-AFX)