Laut einer Studie des Branchenexperten Stefan Bratzel haben die chinesischen Autobauer ihre Innovationsfähigkeit weiter ausgebaut. Nach dieser entfallen 46 Prozent der globalen Innovationsstärke auf Hersteller aus China, wie sein Center of Automotive Management (CAM) am Donnerstag in Bergisch Gladbach mitteilte.
2019/20 lag der Anteil chinesischer Autobauer an der Innovationsstärke noch bei 21 Prozent. Die deutschen Autohersteller fielen in Summe zurück: Ihre Innovationsstärke sank im selben Zeitraum von 45 Prozent auf aktuell 23 Prozent. Die Konkurrenz aus China hatte die drei deutschen Autobauer erstmals im Ranking 2022/23 überholt.
Das CAM erstellt den Report seit 2005 und aktualisiert ihn jährlich. Die aktuellen Ergebnisse umfassen gut 700 Serien-Innovationen von 30 Konzernen mit mehr als 100 Automarken. Die Autoren bewerten die Neuerungen unter anderem nach Innovationsgrad, Kundennutzen und Originalität. Der aktuell untersuchte Zeitraum reicht von Februar 2023 bis Januar 2024.
Unter den Top 10 der innovativsten Autokonzerne befinden sich den Angaben nach erstmals fünf chinesische Hersteller. An der Spitze behauptet sich jedoch der bayerische Hersteller BMW. Dort habe es unter anderem viele Neuheiten beim automatisierten Fahren sowie bei der Reichweite und Ladeleistung von E-Autos gegeben.
Dahinter folgen in dem Ranking die chinesischen Unternehmen Geely und SAIC. Sie punkten insbesondere in den Technologiefeldern Elektromobilität, Fahrerassistenzsysteme sowie bei Bedien- und Anzeigekonzepten. Nach Toyota belegt Mercedes-Benz den fünften Platz. Der Volkswagen-Konzern mit Marken wie VW, Audi und Porsche landete auf Rang 6. Das hänge vor allem mit einer Schwäche bei Audi und der Stärke der Konkurrenz zusammen.
Weder die Opel-Mutter Stellantis noch die US-amerikanischen Hersteller Tesla, GM und Ford sind unter den innovationsstärksten zehn Herstellern vertreten.
Die Branche erlebt Studienleiter Bratzel zufolge aktuell eine "tektonische Verschiebung der Machtbalance zugunsten chinesischer Automobilunternehmen". Diese sei immer mehr an der Innovationsstärke ablesbar. In den Zukunftsfeldern E-Mobilität, softwaredefiniertes Auto und Vernetzung hätten die chinesischen Hersteller Kompetenzen aufgebaut, auf deren Basis mit hoher Geschwindigkeit innovative Serienfahrzeuge gebaut würden.
Gerade für deutsche Autokonzerne sei das eine Herausforderung: "Sie müssen mindestens so viel innovativer sein, wie sie teurer sind." Sie konnten die Anzahl ihrer Innovationen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar um acht Prozent steigern - die Zahl chinesischer Innovationen nahm im selben Zeitraum aber 32 Prozent zu. "Das China-Tempo ist bei der Entwicklung von Innovationen also wesentlich höher als das Deutschland-Tempo", hieß es.
Die jüngste Studie unterstreicht, dass die deutschen Autohersteller sich strecken müssen, um nicht von den Chinesen überholt zu werden. Während BMW eine laufende Empfehlung des AKTIONÄR ist, sollten Anleger bei Geely an der Seitenlinie bleiben.
mit Material von dpa-AFX