Sein deutliches Minus zur Wochenmitte hat der deutsche Aktienmarkt am Donnerstag gut weggesteckt. Die Anleger honorierten, dass das US-Repräsentantenhaus den mühsam ausgehandelten Deal im Schuldenstreit nun gebilligt hat. Damit sind die Vereinigten Staaten einen großen Schritt weiter, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit in letzter Minute abzuwenden. Dem Deal zustimmen muss noch der Senat, und US-Präsident Joe Biden muss das Gesetz unterzeichnen.
Zum Handelsende gewann der Dax 1,21 Prozent auf 15 853,66 Punkte und lag damit etwas unter seinem Tageshoch. Zugleich behauptete er sich über der 50-Tage-Linie, die als Indikator für den mittelfristigen Kurstrend gilt. Tags zuvor war der Leitindex auf das tiefste Niveau seit sieben Wochen gefallen. Den Monat Mai hatte er mit einem Verlust von 1,6 Prozent abgeschlossen. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen schloss am Donnerstag mit plus 0,79 Prozent auf 26 746,72 Zähler.
In China signalisiert der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Caixin-Index) im Mai überraschend Wachstum. Der Wert sage sicherlich keinen bevorstehenden Wirtschaftsboom vorher, aber er deute eben auch nicht auf dramatische wirtschaftliche Probleme hin, erklärte Analyst Thomas Altmann von QC Partners.
Die Inflation in der Eurozone sank im Mai unterdessen stärker als erwartet. Die Jahresrate fiel von 7,0 Prozent im Vormonat auf 6,1 Prozent, während Volkswirte im Schnitt mit 6,3 Prozent gerechnet hatten.
Die Privatwirtschaft der USA schuf im Mai deutlich mehr neue Arbeitsplätze als erwartet. Im Vergleich zum Vormonat kamen 278 000 Stellen hinzu, wie der Arbeitsmarktdienstleister ADP mitteilte. Analysten hatten im Schnitt nur mit 170 000 Stellen gerechnet. Die ADP-Daten gelten als Indikator für den am Freitag erwarteten offiziellen US-Arbeitsmarktbericht.
Den Immobiliensektor schätzen die Anleger offenbar weiterhin vorsichtig ein. Am Markt hieß es, angesichts unsicherer Zinsperspektiven fehlten weiter die Kaufargumente. Vonovia waren im Dax zuletzt mit einem Minus von 2,5 Prozent größter Verlierer. Für LEG ging es im MDax ebenfalls um 2,5 Prozent bergab. Aroundtown büßten 2,9 Prozent ein.
Die Anleger von SAP ließen sich von enttäuschten Reaktionen beim US-Wettbewerber Salesforce nicht beunruhigen. Während sich die Aktien vorbörslich im Minus bewegten, lag der Kurs im Xetra-Handel zuletzt mit 0,4 Prozent im Plus. Am Markt wurde darauf verwiesen, dass Salesforce nach US-Börsenschluss zwar ordentliche Zahlen abgeliefert, aber enttäuschenderweise das Umsatzziel nicht angehoben hatte. Chandramouli Sriraman vom Analysehaus Stifel wollte aber nicht viel davon auf SAP ableiten.
Heidelberg Materials verteuerten sich nach einer Analystenstudie um 1,1 Prozent. Die US-Bank JPMorgan stufte die Anteilsscheine des Baustoffkonzerns von "Neutral" auf "Overweight" hoch und erhöhte das Kursziel auf 80 Euro. Analystin Elodie Rall räumt damit der Aktie ein Potenzial von knapp 20 Prozent ein. Sie verwies auf die verbesserten mittelfristigen Aussichten der Baustoffhersteller. Bei Heidelberg Materials sieht die Expertin die ehrgeizigsten Dekarbonisierungsziele und geht davon aus, dass der Zementkonzern am stärksten von besseren Geschäftsbedingungen profitieren wird.
Die Rally bei den Aktien des verstaatlichten Versorgers Uniper setzte sich am Donnerstag mit einem Kursanstieg um 21 Prozent fort. Damit summiert sich das Kursplus seit vergangenen Donnerstag auf über 80 Prozent. Uniper hatte in der Vorwoche mitgeteilt, dass man dank Absicherungsgeschäften "signifikante Gewinne aus der Ersatzbeschaffung von Gasmengen" für russische Lieferkürzungen erwartet. Weitere Eigenkapitalerhöhungen des Bundes wären daher nicht mehr erforderlich.