Das Debakel um den Unglücksjet 737 Max und die Corona-Krise bringen den US-Luftfahrt-Riesen Boeing weiter unter Druck. Konkurrent Airbus lieferte derweil mit 57 Jets alleine im September mehr als doppelt so viele Jets aus wie Boeing im ganzen Quartal. Außerdem kann Airbus auch noch einen aktuellen Großauftrag einstreichen. Dennoch hilft das weder dem einen noch dem anderen Aktienkurs.
Im dritten Quartal lieferte Boeing insgesamt nur 28 Flugzeuge aus, im Vorjahreszeitraum waren es noch 63 gewesen. Insgesamt gingen Boeing von Jahresbeginn bis Ende September unterm Strich bereits 381 Aufträge verloren.
Einige Analysten halten Boeing dennoch für ein aussichtsreiches Investment. Die US-Investmentbank Goldman Sachs etwa hat die Boeing-Aktie nach den Auslieferungszahlen auf ihrer "Conviction Buy List" belassen - mit einem Kursziel von 225 US-Dollar. Der Flugzeugbauer habe im September die geringsten Stornierungen seit Februar verzeichnet, als die Corona-Krise begonnen habe, die Auftragslage zu verschlechtern, schrieb Analyst Noah Poponak zur Begründung seiner Einschätzung.
Auch das Analysehaus RBC glaubt an die Boeing-Aktie und stuft den Dow-Wert mit "Outperform" ein. Analyst Michael Eisen sieht bei der Wiederzulassung der 737 Max Fortschritte. Die US-Bank JPMorgan ist bescheidener und hält die Aussichten für Boeing für "Neutral" mit einem Kursziel von 170 US-Dollar. Die Anleger dürften sich weiter auf den Barmittelverbrauch des Flugzeugherstellers bis Ende des Jahres konzentrieren, schrieb Analyst Seth Seifman in einer aktuellen Studie.
Die Boeing-Aktie kann nach der jüngsten Talfahrt am Mittwoch gut ein Prozent zulegen, pendelt aber weiterhin unterhalb ihrer 50-Tage-Linie.
Konkurrent Airbus hat mitten in der Corona-Krise eine neue Airline als Kunden gewonnen. Die griechische Fluggesellschaft Sky Express hat vier Mittelstreckenjets vom Typ A320neo bestellt. Zwei weitere Maschinen des Typs werde die Gesellschaft vom Finanzierer ACG leasen.
Bei der Wahl des Antriebs entschied sich Sky Express für das Leap-Triebwerk des französisch-amerikanischen Herstellers CFM, eines Gemeinschaftsunternehmens von Safran und General Electric. Der Airbus-Aktie hilft der Auftrag heute noch nicht: Der MDAX-Wert verliert etwa 1,4 Prozent.
Bestellungen neuer Passagierjets sind seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie Seltenheit geworden. Wegen des Einbruchs im Flugverkehr wollen viele Fluggesellschaften bereits bestellte Maschinen meist erst später entgegennehmen und verhandeln mit Herstellern seit Beginn der Krise über ein Entgegenkommen. (Mit Material von dpa-AFX)
Nur kurzfristig orientierte Trader setzen auf eine Erholung der Flugzeugbauer-Aktien. Für längerfristige Investments bedarf es einer spürbaren Erholung des Luftverkehrs und entsprechender Aufträge an Airbus und Boeing.