Nach dem starken Jahresstart schien eine Kursberuhigung überfällig. Tatsächlich zuckten DAX und Co in der vergangenen Woche abwärts. Doch bereits am Freitag kam wieder Rückenwind. Manch Experte glaubt, dass der Markt wieder aufdreht. Doch noch etwas mehr Abkühlung täte vielen Aktien gut. Die nun auch in Deutschland beginnende Berichtssaison wird's zeigen. Der Wochenausblick.
Zuletzt hatte sich die Stimmung am deutschen Aktienmarkt nach dem Jahresstart par excellence etwas eingetrübt. "Zu heiß gelaufen", lautete der Tenor am Markt. Gewinnmitnahmen seien vor diesem Hintergrund unumgänglich gewesen, schrieben die Analysten der DZ Bank.
Doch schon am Freitag schwenkte der deutsche Aktienmarkt nach den deutlichen Vortagesverlusten auf Erholungskurs ein. Der Leitindex DAX profitierte von der freundlichen Wall Street und ging letztlich bei 15.033 Punkten ins Wochenende. Die Wochenbilanz jedoch fällt nach der jüngsten Rally mit minus 0,35 Prozent erstmals in dem noch jungen Börsenjahr leicht negativ aus.
Im späten Freitags-Handel zog der DAX noch ein paar Pünktchen mehr an. Und der Broker IG taxierte den Weekend-DAX am Sonntag-Morgen bei gut 15.100 Zählern.
Damit die zuletzt beobachteten Aktienkurse Bestand haben können, müsse der neu aufgekeimte Optimismus jetzt mit harten Daten bestätigt werden, fuhren die DZ-Experten fort. Nun folge "die Stunde der Wahrheit" im Zuge der Berichterstattung über die Gewinne der Unternehmen für das vierte Quartal. Sollten die Ergebnisse erneut die pessimistischen Erwartungen Lügen strafen, wäre es durchaus möglich, dass die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks weiter unterstützt werden.
Nachdem aus den USA bereits viele Großbanken ihre Geschäftszahlen veröffentlicht haben, nimmt die Berichtssaison dort nun Fahrt auf. Am Dienstag berichtet nachbörslich der Software-Hersteller Microsoft, am Mittwoch dann unter anderem der Flugzeugbauer Boeing und der Elektroauto-Pionier Tesla über das abgelaufene Quartal.
Vor dem Wochenende kam Unterstützung für die Börsenstimmung durch den US-Streaming-Dienst Netflix, der mit einem starken Schlussquartal sowie mit seinem Neukunden-Zuwachs überzeugt hatte und damit insbesondere die Technologiewerte jenseits des Atlantiks beflügelte.
Hierzulande stehen am Donnerstag der Software-Konzern SAP und Medizin-Zulieferer Sartorius mit Quartalszahlen im Rampenlicht.
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Neue Leitzins-Hoffnungen
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, blickt zuversichtlich in die nahe Zukunft. Die Bedingungen für die Aktienmärkte seien weiterhin besser als noch zum Jahresende 2022. In Deutschland etwa hätten die Konjunkturerwartungen von Finanzexperten jüngst einen großen Satz nach oben gemacht.
Zusätzlich keimten mehr und mehr Hoffnungen auf, dass insbesondere die US-Notenbank ihre Leitzinsen bereits in der zweiten Jahreshälfte wieder senken könnte, so Kater. Zwar werde es kein Zurück in die Zeit mit Null- und Negativzinsen geben, aber ein Teil des enormen Zinsanstiegs aus dem vergangenen Jahr könnte 2023 wieder zurückgenommen werden.
EZB-Chefin: "Inflation noch viel zu hoch"
In Europa hingegen träten Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) offensiv Erwartungen entgegen, die Zeit von Leitzins-Anhebungen könne vorüber sein, mahnte Analystin Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen. So hatte die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, jüngst davon gesprochen, dass die Inflation "viel zu hoch", sei. Die EZB sei entschlossen, die Teuerung rasch auf zwei Prozent zu reduzieren.
Die EZB hatte im Dezember den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte angehoben und zugleich weitere Erhöhungen in dieser Größenordnung in Aussicht gestellt. Höhere Zinsen lassen Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv erscheinen. Zugleich besteht bei zu starken Zinsanstiegen die Gefahr, dass die Wirtschaft abgewürgt wird, da sich Kredite und Investitionen verteuern.
Zahlreiche Konjunktur-Indikatoren voraus
In der neuen Woche werde sich nun herausstellen, ob die zarten Stabilisierungs- beziehungsweise Erholungstendenzen in Sachen Konjunktur trotz des Kampfes gegen die Inflation anhalten, sagte Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck: "Die zahlreichen anstehenden Frühindikatoren dürften zeigen, wie hoch die Rezessionswahrscheinlichkeit in Europa und den USA wirklich ist."
Greil richtete den Blick vor allem auf die am Dienstag anstehenden Einkaufsmanagerindizes aus wichtigen europäischen Ländern und den deutschen Ifo-Geschäftsklimaindex am Mittwoch: "Auch wenn das Ifo-Geschäftsklima zum vierten Mal in Folge leicht steigen sollte, müssten etwa die Einkaufsmanagerindizes schon deutlich über die 50er-Expansionsschwelle springen, um die jüngste DAX-Erholung von dieser Seite zu untermauern."
Alles in allem bleibt der Merck-Finck-Experte vorsichtig. Bei allem aufkeimendem Optimismus sollten die Risiken in Sachen Krieg und Energiepreise sowie die weiter viel zu hohe Inflation, und damit verbunden wohl noch mehr Leitzinserhöhungen, als anhaltende Belastungen für die Konjunktur nicht unterschätzt werden. (Mit Material von dpa-AFX)
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