Die Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Aussicht auf weitere Zinsanhebungen der US-Notenbank Fed wurden am deutschen Aktienmarkt schulterzuckend weggesteckt. Der DAX erreichte neue Rekordhöhen und könnte noch weiter klettern. Doch große Investoren sind bereits stark investiert, die Gefahr von Rückschlägen wächst. Der Wochenausblick.
Der deutsche Aktienmarkt hat eine starke Woche mit positiver Tendenz abgeschlossen. Der DAX stieg am Freitag erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 16.400 Punkten. Im Tagesverlauf markierte der Leitindex bei 16.427 Zählern ein neues Allzeithoch.
Der große Verfallstag an den Terminbörsen stützte die Kurse. Um die Mittagszeit waren an der Eurex Futures und Optionen auf den deutschen Leitindex ausgelaufen. Gegen Handelsschluss verfielen auch Futures und Optionen auf Aktien.
Letztlich ging der DAX bei 16.357 Punkten auf einem neuen Schlussrekord ins Wochenende. Daraus resultierte ein sattes Wochenplus von 2,6 Prozent.
Nach weiteren Höchstwerten in den vergangenen Handelstagen könnte der DAX in der neuen Woche eine Verschnaufpause einlegen. Noch lasse sich der Aktienmarkt nicht von einer nächsten Zinsanhebungsrunde abschrecken, konstatierte CMC-Marktanalyst Konstantin Oldenburger. Jüngst hatte der deutsche Aktienmarkt der Zinserhöhung der EZB und der Aussicht auf weitere Zinsanhebungen der US-Notenbank Fed getrotzt.
LBBW-Aktienstratege Frank Klumpp sieht die Börsen unverdrossen steigen, auch weil die Inflationsentwicklung in die richtige Richtung zeige. "Auf mögliche negative Nachrichten im zweiten Halbjahr sind die Anleger indes nur bedingt vorbereitet. Sowohl in den USA also auch in Europa dürfte die restriktive Geldpolitik mit der üblichen Wirkungsverzögerung die Konjunktur weiter bremsen und die Aktienmärkte aus dem Tritt bringen", glaubt Klumpp.
Gefahr von Rückschlägen
"Die Investoren sehen zwar das Risiko, dass die Geldpolitik den Bogen überspannen könnte, finden aber dafür in den aktuellen Konjunkturdaten noch keine Anzeichen", sagt Klumpp. So könnten zu starke Zinserhöhungen die Wirtschaft nicht nur abkühlen – wie erwünscht, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen –, sondern deutlich belasten.
Die Gefahr von Rückschlägen sei mittlerweile hoch, warnt Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Dies zeige sich unter anderem im Investitionsgrad der großen Investoren. US-Fondsmanager hätten die Quote von 54 auf 90 Prozent hochgefahren. "Die Profis sind also fast vollständig investiert, was unweigerlich die Frage aufwirft, wer noch kaufen kann und wird."
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Weitere Zinsentscheidungen in europäischen Ländern
Nach der Zinswoche mit EZB und Fed finden in der neuen Woche jeweils am Donnerstag noch Zinsentscheidungen in Großbritannien, der Schweiz und in Norwegen statt. An diesem Tag steht zudem der halbjährige Rechenschaftsbericht von US-Notenbank-Präsident Jerome Powell vor dem US-Senat auf der Tagesordnung. Über die ganze Woche hinweg stehen ferner verschiedene Zahlen zum schwächelnden US-Immobilienmarkt auf der Agenda.
Unter den vergleichsweise wenigen wichtigen Wirtschaftsdaten könnten die Einkaufsmanager-Indizes für die Eurozone am Freitag die größte Relevanz haben. Commerzbank-Analyst Alexander Krämer geht davon aus, dass sie schwächer ausfallen werden und die "Aktien wieder Gegenwind von Frühindikatoren bekommen". Dagegen sollten die anstehenden Leitzinssenkungen in China die Börsen stützen.
Recht ruhig dürfte es an zunächst am Montag zugehen, da wegen eines Feiertags in den USA die Börsen in New York geschlossen sind und Impulse von dort damit ausbleiben.
Luftfahrt-Aktien wegen Paris Air Show im Fokus
Unternehmensseitig gilt das Interesse der über die gesamte Woche laufenden Paris Air Show mit Neuigkeiten etwa von Airbus, Boeing, MTU Aero Engines, Rolls-Royce und Safran. Airbus-Verkaufschef Christian Scherer kündigte schon kurz vor der Messe Bestellungen über 60 Mittelstreckenjets aus der Modellfamilie A320neo und 10 Großraumjets vom Typ A350 an. Die Käufer würden noch nicht auf der Messe bekanntgeben, die Bestellungen gingen aber noch im Juni ins Auftragsbuch ein.
Ab Montag werden zudem die Änderungen in den Indizes der DAX-Familie umgesetzt. Im MDAX vertreten sind dann neu: Evotec, Krones, Software AG und Redcare Pharmacy (ehemals Shop Apotheke). Im SDAX neu sind Aroundtown, United Internet, Siltronic und Adtran. (Mit Material von dpa-AFX)
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