Der Preisauftrieb in den USA wird immer stärker. Im Oktober beschleunigte er sich von bereits hohem Niveau aus. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,2 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mitteilte. Das ist die höchste Inflationsrate seit dem Jahr 1990. Analysten hatten mit einer Beschleunigung gerechnet, allerdings nur auf 5,9 Prozent. Im Vormonat hatte die Rate bereits hohe 5,4 Prozent betragen.
Der Preisanstieg fiel laut Ministerium breit aus und betraf zahlreiche Kategorien. Energie, Mieten, Lebensmittel, Gebrauchtwagen und neue Autos seien jeweils deutlich teurer gewesen. Die Teuerungsrate ohne Energie und Nahrungsmittel, die sogenannte Kernrate, stieg von 4,0 auf 4,6 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit 1991. Die Rate wird von Ökonomen zumeist als verlässliche Messgröße angesehen, um den grundlegenden Preistrend zu bestimmen.
Die Inflation entfernt sich damit noch mehr vom mittelfristigen Zielwert der US-Notenbank Fed, der zwei Prozent beträgt. Die Fed erachtet die erhöhte Teuerung allerdings als eine von Corona-Sonderfaktoren geprägte, übergangsweise Entwicklung, die sich bald wieder abschwächen sollte. Kritiker monieren, diese Sichtweise gerate umso mehr ins Wanken, je länger die Inflationsrate hoch bleibe und je stärker die Abweichung vom Fed-Ziel ausfalle.
Wann muss die Fed handeln?
Ob die Fed ihren lockeren Kurs in diesem Umfeld durchhalten kann, wird zunehmend ungewiss: "Angesichts dieser Zahlen wird es für die US-Notenbank immer schwieriger, die Beschleunigung der Inflation allein auf Sonder- und Nachholeffekte zurückzuführen", erklärte Analyst Dirk Chlench von der Landesbank Baden-Württemberg. "Die Fed dürfte sich spätestens Ende nächsten Jahres gezwungen sehen, ihre zögerliche Haltung aufzugeben und eine Leitzinswende einzuleiten."
Die Federal Reserve hat zwar damit begonnen, ihre extrem lockere Haltung etwas zurückzufahren. Allerdings bezieht sich der Kurswechsel bisher nur auf die zur Konjunkturbelebung aufgelegten Wertpapierkäufe, die schrittweise verringert werden sollen. Mit Zinsanhebung, dem nach Meinung vieler Ökonomen schärfsten Schwert zur Inflationsbekämpfung, will sich die Zentralbank dagegen Zeit lassen, wie Fed-Chef Jerome Powell unlängst wieder betonte.
Wall Street reagiert völlig unbeeindruckt
Dem US-Aktienmarkt lässt die hohe Inflationsrate und die Sorge vor weiteren Maßnahmen der Fed am Dienst allerdings kalt. Der Leitindex Dow Jones Industrial stand nach der ersten Handelsstunde 0,15 Prozent tiefer bei 36.264,79 Punkten. Der marktbreite S&P 500 notierte mit minus 0,13 Prozent auf 4.679,22 Punkte und der technologielastige Nasdaq 100 mit minus 0,25 Prozent auf 16.179,38 Punkte. Nach den jüngsten Rekorden konsolidieren die Indizes damit nun ein wenig.
Gold als klassischer Inflationsschutz war dagegen stark gefragt und auch der Bitcoin ist nach anfänglichen Verlusten im Tagesverlauf ins Plus gedreht.
Mit Material von dpa-AFX.