Der Präsident der US-Notenbank von St. Louis, James Bullard, hat einen ungewöhnlich hohen Zinsschritt der Fed von 0,75 Prozentpunkten ins Spiel gebracht. Doch diese Warnung schockt an der Wall Street heute niemanden. Von Angst vor steigenden Zinsen jedenfalls war nichts zu spüren. Kauflaune trieb die großen US-Indizes nach oben.
Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss mit einem Plus von 1,5 Prozent auf 34.912 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 stieg um 1,8 Prozent auf 4.466 Punkte. Und der technologielastige Nasdaq 100 legte um 2,3 Prozent auf 14.210 Punkte zu.
"Die vergangenen Monate waren für die Aktienmärkte turbulent angesichts hoher Inflation, der Aussicht auf schnellere Zinsanhebungen, des geringeren Wachstums und des anhaltenden Krieges in der Ukraine", schrieb Analyst Craig Erlam vom Broker Oanda. Doch nun in der ersten Phase der Berichtssaison zeigten sich die Aktienmärkte - und hier erneut die Börsen in den USA - einmal mehr von ihrer robusten Seite.
Der Stratege Marko Kolanovic von JPMorgan hält zudem die Stimmung und die Positionierung der Marktteilnehmer am Aktienmarkt inzwischen für zu pessimistisch und bleibt tendenziell "konstruktiv" für Aktien. Kurzfristig sei eine Rally möglich.
Positive Signale sendete am Dienstag die US-Bauwirtschaft, die sich im März trotz steigender Immobilienzinsen besser als erwartet entwickelte. Die Anzahl neu begonnener Häuser und die Zahl der Baugenehmigungen legten überraschend zu. Die Daten belegten, dass es der Konjunktur in den USA sehr gut gehe und die Amerikaner ein hohes Vertrauen in die eigene Wirtschaftsleistung hätten, sagte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect.
Quartalszahlen gab es aus dem Dow vom Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) und vom Versicherer Travelers. Die Papiere von Johnson & Johnson legten um 3,2 Prozent zu und gehörten damit zu den besten Werten im Dow Jones. Dank eines soliden Wachstums aus eigener Kraft habe der Konzern beim Gewinn je Aktie die Erwartungen übertroffen, hieß es von Credit Suisse. Auf das weitere Jahr blickt J&J aber etwas verhaltener, weshalb die Aktie im frühen Handel noch schwächelte.
Andere Pharma-Aktien wie Moderna oder BioNTech gaben zeitweise über vier Prozent nach, konnten sich bis zum Schluss jedoch auf minus 1,3 Prozent bzw. sogar plus 0,1 Prozent erholen.
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Travelers verloren als Dow-Schlusslicht fast fünf Prozent. Zwar startete der Versicherer dank geringer Katastrophenschäden mit einem Gewinnsprung ins Jahr und will die Dividende anheben. Allerdings hatten die Aktien bereits einen guten Lauf hinter sich. Bester Wert im Leitindex waren die Titel des Sportartikelkonzerns Nike mit plus 4,2 Prozent.
Boeing-Papiere stiegen als zweitbester Dow-Wert um 3,4 Prozent auf 186,03 Dollar. Knapp vier Wochen nach dem Absturz einer Boeing 737-800 in China mit 132 Toten hat China Eastern Airlines wieder Flüge mit Maschinen dieses Typs aufgenommen. Das sorgte für Käufe.
Bei Lockheed Martin nahmen die Anleger nach der starken Kursentwicklung der vergangenen Wochen am Dienstag Gewinne mit. Zuletzt notierten die Titel mit minus 1,6 Prozent. Der rückläufige Quartalsgewinn verfehlte ebenso wie der Umsatz die Analystenerwartungen. Zudem hielt der Rüstungskonzern trotz des Ukrainekriegs an seinen Jahreszielen fest.
Twitter sanken um 4,8 Prozent. Am Montag hatten die Papiere des Kurznachrichtendienstes noch kräftig zugelegt, nachdem das Management Gegenmaßnahmen für den von Tesla-Chef Elon Musk angekündigten Übernahmeversuch ergriffen hatte. Nun will dem Wall Street Journal zufolge der US-Finanzinvestor Apollo möglicherweise bei einer Übernahme mitmischen und erwägt, Musk oder einen anderen Bieter bei einer Kaufofferte mit Kapital oder Krediten zu unterstützen.
Nachbörslich hat Streaming-Riese Netflix Quartalszahlen veröffentlicht. Und die fielen gar nicht gut aus. Die Netflix-Aktie stürzt in einer ersten Reaktion um über 20 Prozent ab. (Mit Material von dpa-AFX)