Die Frage nach der künftigen Zinspolitik der großen Notenbanken sorgte zuletzt für Aktien-Verkäufe von kurzfristig engagierten Anlegern. In der neuen Woche dürfte sich die kleine, durchaus notwendige Abkühlung am deutschen Aktienmarkt noch fortsetzen. Eine große Korrektur ist derzeit jedoch wenig wahrscheinlich. Der Wochenausblick,
Die Unsicherheit über möglicherweise ausbleibende Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed in diesem Jahr sorgte am deutschen Aktienmarkt zuletzt für Belastungen. Der robust ausgefallene Arbeitsmarktbericht der US-Regierung trug am Nachmittag seinen Teil dazu bei, diese These zu untermauern. Außerdem beunruhigte der vom Iran angekündigte Vergeltungsschlag auf Israel nach dem Luftangriff auf ein Gebäude seiner Botschaft in Syrien. Man bereitet sich in Tel Aviv auf einen iranischen Angriff vor.
Der DAX ging am Freitag bei 18.175 Punkten ins Wochenende. Trotz aller Widrigkeiten schützte die 21-Tage-Durchschnittslinie den Leitindex bislang vor einem noch stärkeren Abrutschen. Diese signalisiert den kurzfristigen Trend und verläuft bei rund 18.100 Punkten. Darunter sollte im Bereich 17.900 Punkten der Aufwärtstrend seit Oktober stützen.
Das Börsenbarometer hat sich mittlerweile ein Stück weit von dem am Dienstag nach Ostern bei gut 18.567 Punkten erreichten Rekordhoch entfernt. Auf Wochensicht büßte der DAX 1,7 Prozent ein (siehe Chart). Es ist das erste Wochenminus nach zuvor acht Pluswochen in Folge. Der MDAX der mittelgroßen Werte verlor am Freitag 1,3 Prozent auf 26.915 Zähler.
US-Leitzinssenkung wohl später als erhofft
Die jüngste Rally an den Aktienmärkten war maßgeblich getrieben von der Aussicht, dass sich die Notenbanken dank der deutlich gesunkenen Teuerung erlauben könnten, die Leitzinsen zu senken. Dadurch würden Kredite günstiger, was letztlich die Wirtschaft und den Konsum beleben sollte. Doch überraschend starke Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten aus den USA haben zuletzt am Markt Zweifel geweckt, dass die Inflation tatsächlich schon besiegt ist.
Das derzeit nicht stimmberechtigte Mitglied der US-Notenbank aus Minneapolis, Neel Kashkari, bestätigte die Befürchtungen der Anleger. Seiner Meinung nach könnte es im laufenden Jahr womöglich keine Zinssenkung geben, falls die Inflation hoch und das Wachstum robust bleibe. Auch die Präsidentin der regionalen Notenbank von Dallas, Lorie Logan, hat Erwartungen auf baldige Leitzinssenkungen in den USA gedämpft.
"Die Korrektur am Aktienmarkt hat sich schon nach dem Osterwochenende angekündigt, nur da wurde noch nach den entsprechenden Nachrichten gesucht", schrieb Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Handelshaus RoboMarkets. Jetzt also scheinen die Anleger einen Grund dafür gefunden zu haben, erst einmal Gewinne mitzunehmen. Verkaufs-Panik ist derweil nicht angesagt.
Bullenmarkt nicht zu Ende
Die nächste kurzfristige Unterstützung im DAX wartet jetzt laut Molnar bei 18.039 Punkten, dem lange Bestand habenden Allzeithoch, bevor die Aufwärtsbewegung noch einmal an Dynamik gewann und den DAX über 18.500 Zähler führte.
Etwas weiter unten, bei rund 17.200 Punkten, ist Molnar zufolge dann eine sogenannte Kurslücke offen im DAX, die in der Regel immer geschlossen werde. Aber auch in diesem Fall wäre der Bullenmarkt noch nicht zu Ende, sondern er hätte dann nur mal eine gesunde Pause erlebt.
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Erster Zinsschritt der EZB wohl im Juni
Weiteren Aufschluss darüber, wie sich die Inflation in den USA entwickelt, geben am Mittwoch die US-Verbraucherpreise für März. Neben den Inflationszahlen stehen aus den USA in der neuen Woche noch die Erzeugerpreise für März (Donnerstag) wie auch das vorläufige Verbrauchervertrauen der Uni Michigan für April auf der Agenda (Freitag).
Wie es um die Konjunktur in Deutschland bestellt ist, dürften die Daten zur deutschen Industrieproduktion im Februar zeigen (Montag). Zu Jahresbeginn hatten die Unternehmen die Produktion stärker ausgeweitet als erwartet. Industrie, Bau und Energieversorger stellten im Januar zusammen 1,0 Prozent mehr her als im Vormonat. Ansonsten richtet sich die Hoffnung der Anleger auf die Europäische Zentralbank (EZB), die am Donnerstag ihre geldpolitischen Entscheidungen bekannt geben wird.
Die EZB dürfte die Zinsen noch einmal unverändert lassen, schrieb Volkswirt Marco Wagner von der Commerzbank. Die Notenbanker werden seiner Meinung nach weitere Daten zur Lohnentwicklung und die neuen gesamtwirtschaftlichen Projektionen abwarten, die zur Juni-Sitzung vorliegen werden. Zudem dürfte es weitere verbale Hinweise auf die bald anstehende Zinswende geben. Aktuell wird am Markt mit einem ersten Zinsschritt der Europäischen Zentralbank im Juni gerechnet.
US-Berichtssaison startet demnächst
Trotz des jüngsten Rücksetzers bewegen sich die Aktienmärkte aber immer noch auf hohen Kurs- und Bewertungsniveaus. Ob diese gerechtfertigt sind, dürften die Anleger aber wohl erst anhand der nun anstehenden Berichtssaison der Unternehmen zum ersten Quartal beurteilen, hieß es von der Landesbank Baden-Württemberg. Den inoffiziellen Startschuss hierfür liefern demnach die Zahlen der US-Großbanken (etwa Citigroup) ab Ende der Woche.
Vor diesem Hintergrund sind die Experten der DZ Bank weiter zuversichtlich: "Wir stufen die anstehende Berichtssaison für das erste Quartal 2024 als positiven Treiber für die zurückliegende und weitere Aktienmarkt-Entwicklung ein." Damit hoffen sie, dass die Unternehmen die rasant gestiegenen Zinsen insgesamt gut verkraftet haben. Hierzulande präsentiert der Spezialverpackungs-Hersteller Gerresheimer bereits am Donnerstag seine Geschäftszahlen. Zudem laden Airbus und Deutsche Telekom zu ihren Hauptversammlungen. (Mit Material von dpa-AFX)
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