Eine Zinssenkung in der Eurozone hat die Anleger am Donnerstagnachmittag nicht mehr beeindruckt. Vielmehr gab der DAX einen Teil seiner Gewinne ab, als Anleger erkannten, dass die erwartungsgemäße Entscheidung durch die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitindex in Rekordnähe nicht mehr antreiben kann. Vermisst wurden auch Hinweise, dass es zeitnah weitere Lockerungen geben könnte.
Der DAX verteidigte am Ende ein Plus von 0,41 Prozent auf 18.653 Punkte, nachdem er im Tageshoch vor dem Zinsentscheid schon mehr als ein Prozent gewonnen hatte. Gut 100 Punkte vor dem Rekordhoch von 18.892 Punkten war dem Leitindex der Schwung ausgegangen. Auch der MDAX kam etwas zurück, indem er 0,23 Prozent höher bei 27.028 Zählern aus dem Handel ging.
"Dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um 25 Basispunkte senken würde, darauf hatte sie den Markt in den vergangenen Wochen entsprechend vorbereitet und heute nun Fakten geschaffen", sagte Eckhard Schulte von MainSky Asset Management. In der anschließenden Pressekonferenz habe Notenbankchefin Christine Lagarde allerdings keine Hinweise auf eine nächste Zinssenkung gegeben, ergänzte der Experte.
Auch Ökonom Carsten Brzeski von der ING Bank stellte fest, dass es von Lagarde keine klaren Prognosen gab. "Wenn die Wirtschaft der Eurozone die EZB-Prognosen erfüllt, wird es weitere Zinssenkungen geben, aber das Risiko einer Verzögerung oder sogar nochmaligen Umkehr ist real", ergänzte er. Insofern sei die heutige Senkung nicht unbedingt der Beginn eines Lockerungszyklus.
Banken stark, Immos schwach
Während die Kurse von Banken zulegten, machten sich fehlende Erkenntnisse zur künftigen Geldpolitik bei deutschen Immobilienwerten negativ bemerkbar. Vonovia fiel im DAX um gut zwei Prozent. Im MDAX versammelten sich TAG Immobilien , LEG und Aroundtown mit Abschlägen zwischen 3,1 und 6,4 Prozent ganz hinten.
SAP und Nemetschek überzeugen
Zu einem nicht geringem Teil geht das DAX-Plus auf das Konto der 3,6 Prozent höheren SAP-Aktie, die sich als Schwergewicht auf ihr Rekordhoch aus dem März zubewegte. Auf seiner jährlichen Kundenmesse habe SAP mit ermutigenden Wachstumszielen die Markterwartungen übertroffen, schrieb Analyst Nay Soe Naing von der Berenberg Bank.
Auch in der zweiten Reihe war die Aktie eines Software-Unternehmens gefragt. Nemetschek stieg an der MDAX-Spitze um 6,2 Prozent und erreichte ein Hoch seit Anfang 2022. Der auf die Baubranche spezialisierte Anbieter will das internationale Geschäft mit dem Kauf des US-Softwareunternehmens GoCanvas ausbauen.
Wechsel in den Indizes
Zum Thema wurden außerdem angekündigte Änderungen in der Indexbesetzung. Im DAX bleibt alles beim Alten, doch in den MDAX rücken die Papiere von TUI, Rational und Traton auf. Den Aktien half dies aber meist nicht mehr: TUI und Traton zumindest gaben nach mehreren positiven Handelstagen um bis zu 4,8 Prozent nach.
Den MDAX verlassen müssen dagegen Morphosys, SMA Solar und Sixt, die unterschiedlich hohe Kursverluste verbuchten. Die Auf- und Abstiege ziehen dann auch im SDAX ein Stühlerücken nach sich. Im Fokus stand dort, dass die im März an die Börse zurückgekehrte Parfümeriekette Douglas einzieht. Deren Kurs legte ein halbes Prozent zu.
Mit Material von dpa-AFX
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Derivate auf Vonovia und TUI befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Rational.