Silber ist einer der großen Verlierer des Jahres 2021. Der Silberpreis dürfte das Jahr mit einem Minus von rund 15 Prozent beenden. Damit verliert Silber rund das Dreifache des Goldpreises. Sah es noch zu Beginn des Jahres danach aus, als wollte Silber die 30-Dollar-Marke knacken, ging es im Jahresverlauf immer weiter bergab und Silber wird das Jahr nahe der Tiefs beenden. Die Frage ist: Wird 2022 eine ähnliche Enttäuschung, oder hat Silber die Chance auf ein Comeback?
„Es ist sicherlich eine Aufholjagd-Story, die sich hier andeutet. Silber hat sich bisher schlechter entwickelt als Gold. Das wird dazu führen, dass die Anleger in den Silbermarkt umschichten“, sagte Daniel Hynes, Senior Rohstoff-Stratege bei ANZ. Im Moment wird Silber verkauft, weil das Verhältnis zwischen Gold und Silber nahe bei 80:1 liegt, so Peter Schiff, Chefökonom und globaler Stratege von Euro Pacific Capital. „Um das in die richtige Perspektive zu rücken, liegt der Durchschnitt in der modernen Ära zwischen 40:1 und 50:1. Einfach ausgedrückt, ist Silber im Vergleich zu Gold historisch gesehen extrem unterbewertet. Irgendwann sollte man erwarten, dass sich diese Lücke schließt“, schreibt Schiff an seine Investoren. „Wenn sich diese Lücke wieder vergrößert, könnten wir uns auf eine weitere große Rallye bei Silber einstellen.“
„Die industrielle Komponente des Silbermarktes wird vor einem makroökonomischen Hintergrund, der auf globaler Ebene immer noch zu einem überdurchschnittlichen Wachstum führt, eher profitieren. Auch wenn sich die Wachstumsraten, die wir in diesem Jahr gesehen haben, etwas abschwächen, so ist es doch immer noch eine positive wirtschaftliche Entwicklung", sagte Hynes. „Silber kann sich aufgrund der industriellen Komponente im Gegensatz zu Gold in den nächsten zwölf Monaten relativ gut behaupten.“
Das Silver Institute prognostiziert für den Silbermarkt im Jahr 2022 ein Angebotsdefizit und begründet dies mit der gestiegenen industriellen Nachfrage und den weltweiten Bemühungen zur Dekarbonisierung. „Dies ist auf die starke industrielle Nachfrage zurückzuführen, die neben der anhaltenden Erholung nach Corona auch von strukturellen Faktoren profitiert. Dazu gehören die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, die 5G-Technologie (Mobilfunk) und die Verpflichtung der Regierungen, in 'grüne' Infrastrukturen zu investieren", kommentiert Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. „In Elektrofahrzeugen wird deutlich mehr Silber verbraucht als in Autos mit Verbrennungsmotoren.“
Die Verlagerung hin zu mehr Solarenergie ist nach Ansicht der BofA-Rohstoffstrategen ein weiterer entscheidender Faktor, der den Silberpreis nach oben treiben könnte.„Der Silbermarkt hat sich aufgrund der Produktionsdisziplin und der Nachfrage nach neuen Anwendungen, einschließlich Solarpanels, wieder ins Gleichgewicht gebracht“, so die BofA-Strategen. „Erhöhte Investitionen in Solarpaneele sollten den Silberpreis ankurbeln. Legt man das Net Zero-Szenario der IEA zugrunde, könnte die Silbernachfrage aus der Photovoltaik bis 2030 8550 Tonnen erreichen, verglichen mit 2900 Tonnen im Jahr 2020. Daher bleiben wir konstruktiv.“
Die Rahmenbedingungen für Silber sind für 2022 gut – allerdings waren sie das auch schon für 2021 und Silber konnte nicht profitieren. Der charttechnische Schaden, der bei Silber entstanden ist, ist groß. Jetzt geht es aus Sicht der Bullen darum, die charttechnische Marke von 25,30 Dollar möglichst in den ersten Wochen des Jahres 2022 zurückzuerobern, um das Chartbild für den Rest des Jahres freundlicher zu gestalten.