Der Goldpreis hat ein historisch starkes Quartal hinter sich. Um 19 Prozent verteuerte sich das Edelmetall in den ersten drei Monaten am Spotmarkt – so stark wie zuletzt 1986. Experten sehen noch weitere Preissteigerungen Richtung 3.500 Dollar voraus. Doch es mehren sich auch erste skeptische Stimmen für Gold. Wie Anleger reagieren sollten.
Donald Trump muss derzeit für die meisten negativen Turbulenzen herhalten. Seine unkonventionellen, teils drastischen Entscheidungen bringen Politik und Börsenkurse rund um den Globus in Turbulenzen. Während sich dadurch auch die Gefahr einer konjunkturellen Schwäche (oder gar Rezession) in den USA vergrößert und Aktien in die Tiefe drückt, gewinnt der Goldpreis als ‚sicherer Hafen‘ immer mehr hinzu.
Am Montag hat die Feinunze bei 3.127 Dollar (beziehungsweise 2.893 Euro) am Spotmarkt einen neuen historischen Höchstpreis markiert. Silvester 2024 stand Gold noch 500 Dollar tiefer. Am heutigen Dienstag geht der Goldrausch weiter: Die Feinunze Gold verteuert sich am Morgen auf 3.148,90 Dollar (2.911 Euro).

Hauptauslöser der Gold-Rally ist laut John Reade die Politik des US-Präsidenten Donald Trump. "Ich glaube, die Märkte waren schockiert, wie viel Trump bereits in den ersten zwei Monaten seiner Amtszeit gemacht hat, wie viele Dekrete er unterzeichnet hat", sagte der Chef-Stratege des Branchenverbands World Gold Council (WGC) dem Handelsblatt.
Vor allem Käufe der Zentralbanken seien in den vergangenen Monaten registriert worden. "In den vergangenen drei Jahren haben Zentralbanken mit über 1.000 Tonnen pro Jahr etwa doppelt so viel Gold gekauft wie in den zehn Jahren zuvor", so Reade im Handelsblatt-Interview. Die Käufe seien vor allem von Schwellenland-Zentralbanken ausgegangen, die sich nicht nur gegen Inflation absichern und ihr Portfolio diversifizieren wollten, sondern auch wegen drohender US-Sanktionen Gold gekauft hätten.
Die institutionellen Gold-Käufe könnten noch anhalten, vor allem aus China. Dort wurde im Februar ein Pilotprogramm eingeführt, das es großen chinesischen Versicherungsunternehmen ermöglicht, bis zu einem Prozent ihrer Vermögenswerte in Gold zu investieren. Das könnte Investitionen von bis zu 200 Milliarden Yuan (etwa 27,5 Milliarden Dollar) freisetzen – pro Jahr könnten bis zu 500 Tonnen Gold gekauft werden.
Reade schließt hingegen auch eine Korrektur beim Goldpreis nicht aus. "Ein Fall, der zu fallenden Preisen führen könnte, wäre etwa, dass die USA beschließen, Gold zu verkaufen", so Reade. Derzeit gebe es viele Gerüchte aus US-Regierungskreisen, wonach Trump das Gold in den Beständen aufwerten könnte. Derzeit werde das Gold in der Bilanz mit 42,22 US-Dollar pro Unze bewertet. "Angesichts der hohen Preise würde ich also eine Neubewertung nicht ausschließen", sagte der WGC-Experte.
Skeptiker erwartet Rückfall bis 1.820 Dollar
Jon Mills, Analyst bei Morningstar, ist sogar ein richtiger Gold-Skeptiker. Während viele Experten noch weiter steigende Preise erwarten, geht Mills davon aus, dass der Goldpreis in den kommenden fünf Jahren deutlich sinken wird. Konkret rechnet er mit einem Rückgang auf das 2023er-Tief bei 1.820 Dollar pro Unze. Das entspräche einem Minus von über 40 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau.
Im Gespräch mit Business Insider nannte er drei Hauptgründe für seine skeptische Prognose: ein steigendes Gold-Angebot, eine sinkende Nachfrage und Muster in der Goldindustrie, die in der Vergangenheit auf ein baldiges Ende von Preishöhen hindeuteten.
Da die Goldförderung zuletzt immer lukrativer geworden sei, haben die Goldminen ihre Produktion immer weiter ausgeweitet. Der oberirdische Goldbestand ist laut WGC bis Ende 2024 wohl auf rund 210.000 Tonnen gestiegen – ein Zuwachs von neun Prozent innerhalb von fünf Jahren. Auch das recycelte Gold dürfte zunehmen und das Angebot weiter vergrößern.
Zudem gebe es Anzeichen, dass der weltweite Appetit auf Gold etwas kleiner wird, so Mills. Auch die Nachfrage von Anlegerseite könnte nachlassen. Wirtschaftliche Sorgen seien meist nur kurzfristige Impulse für den Goldpreis, betont er.
Mills verweist im Business Insider auch auf Muster in der Goldindustrie, die in der Vergangenheit auf ein baldiges Ende von Preishöhen hindeuteten. Ein Beispiel sei die Zunahme von Fusionen und Übernahmen in der Branche. Laut S&P Global Market Intelligence stieg die M&A-Aktivität im Goldsektor 2024 um 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr – ein typisches Zeichen für eine Marktspitze. Auch die Zahl neu aufgelegter Goldfonds hat zuletzt stark zugenommen – laut Mills ein weiteres Indiz, das auch bei früheren Hochs zu beobachten war.
Schwieriger Aktienmarkt – stabile Gold-Notierungen
Die Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet jedoch weiterhin steigende oder zumindest stabile Goldpreise. So weisen etwa die Experten von HSBC auf die Versicherungseigenschaft des Edelmetalls hin. Denn gerade in schwierigen Marktphasen erwies sich der Goldpreis in der Vergangenheit immer wieder als Stabilitätsanker.

Auf Basis von Daten von Oktober 1971 bis Ende Dezember 2024 hat die Bank die 20 Quartale mit der jeweils schwächsten S&P-500-Performance ermittelt. In diesen für Aktienanleger herausfordernden Perioden mit einer Performance von durchschnittlich minus 14,78 Prozent konnte der Goldpreis im historischen Durchschnitt um 3,22 Prozent zulegen.
Wenn also Anleger eine Versicherung am nötigsten brauchten, lieferte die Edelmetall-Entwicklung in dieser Phase genau diese. Mit anderen Worten: Gold als Portfolio-Beimischung hat in den letzten 50 Jahren "Drawdown"-Phasen abgemildert und Rückschläge reduziert.
Angesichts der mageren Wirtschaftsaussichten und labilen Aktienmärkte sind auch andere Analysehäuser überwiegend optimistisch für die Goldpreis-Aussichten in absehbarer Zeit. Die Experten der australischen Macquarie Bank rechnen im dritten Quartal dieses Jahres mit einem Anstieg auf 3.500 Dollar je Feinunze. Auch die Bank of America und Goldman Sachs können sich als Ziel bis 2026 rund 3.500 Dollar vorstellen, wenn die Investitionsnachfrage anhält.
Noch optimistischer ist Jeffrey Gundlach, CEO und Gründer von DoubleLine. Er glaubt, dass das gelbe Metall in absehbarer Zeit 4.000 Dollar erreichen kann. Der Hauptgrund dafür sei der "sehr starke, steile Anstieg", mit dem die Zentralbanken in aller Welt Gold kaufen. "Ich denke, Gold wird es bis auf 4.000 Dollar schaffen. Ich bin mir nicht sicher, ob das noch in diesem Jahr passieren wird, aber ich glaube, dass dies die angemessene Bewegung ist, die für Gold erwartet wird", sagte Gundlach. Auch die Société Générale erwartet einen Goldpreis von 4.000 Dollar je Unze, sollten die geopolitischen Spannungen zunehmen.
Gold bleibt auf absehbare Zeit von Notenbanken und Investoren gesucht, der Goldpreis dürfte kaum nennenswert korrigieren. Charttechnisch ist der Aufwärtstrend seit 2024 intakt, solange die Feinunze Gold am Spotmarkt nicht unter 2.800 Dollar fällt.
Wer Gold besitzt, sei es physisch oder als verbrieftes ETC, bleibt dabei. Als Beimischung empfehlen sich auch Münzen oder Barren in den Depots von Anlegern. Auch Minen-Aktien erscheinen aussichtsreich.
Hinweis: Auch die Aktien von Gold-Produzenten dürften mit weiter anziehenden Gold-Notierungen steigen. Rohstoff-Experte Markus Bußler hat die Goldminen im Blick, zum Beispiel Barrick Gold und Newmont Corp. In seinem Börsendienst Goldfolio bringt er regelmäßig die besten Anlage-Möglichkeiten mit Gold- und Silber-Minenwerten. Interessierte können unter verschiedenen Abonnements wählen – hier.
