Der Goldpreis atmet auf. Die US-Notenbank hat eine Erhöhung von 75 Basispunkten im Juni vom Tisch genommen. Damit scheint der ultra-aggressive Kurs in Sachen Zinsanhebungen zunächst Geschichte zu sein. Zwar räumt die Fed der Bekämpfung der Inflation noch immer Priorität ein. Doch offensichtlich nicht mehr um jeden Preis.
Der Goldpreis konnte gestern aufatmen und heute hat das Edelmetall kurzzeitig wieder die Marke von 1.900 Dollar nach oben durchstoßen. Also alles eitel Sonnenschein? Nicht so schnell mit der Euphorie. Der Markt wird einige Zeit brauchen, um sich neu zu orientieren. Heute erholen sich sowohl US-Dollar und Renditen der Staatsanleihen wieder. Auch wenn es fundamental nun danach aussieht, als sollten Aktien und Edelmetalle wieder nach oben und der Dollar nach unten drehen, ist technisch noch nichts gewonnen. Der Goldpreis müsste die Marke von 1.920 Dollar zurückerobern, damit sich das Bild abermals in Richtung der Bullen dreht. Das kann noch ein Stück Arbeit bedeuten und mag nicht von heute auf morgen gehen. Das betrifft übrigens nicht nur den Goldpreis, auch andere Märkte werden sich neu orientieren müssen.
Der Markt war schlicht zu zinsbullish. Dass die Fed vor dem schwachen Aktienmarkt eingeknickt ist, ist wenig überraschend. Der Markt wird nun versuchen, die neue Notenbankpolitik einzupreisen. Vor allem seitens der Analysten werden nun zahlreiche Korrekturen kommen. Einige wie Nomura rechneten mit zwei Zinsschritten von je 75 Basispunkten im Juni und Juli. Dieses Szenario dürfte nun deutlich verfehlt werden. Doch Anleger sollten – auch wenn ich an dieser Stelle auf die Euphoriebremse trete – die Technik im Auge behalten. Der gestrige Tag kann den Boden markiert haben. Doch ein Ausbruch über 1.920 Dollar mit gleichzeitiger Stärke bei Silber und Minen würde eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit bedeuten, dass wir tatsächlich wieder auf dem Weg zurück Richtung 2.000 Dollar und darüber sind.