Der Abgas-Skandal erreicht eine neue Dimension. VW musste am Dienstagabend nach Manipulationen bei Stickoxid-Werten auch Unregelmäßigkeiten bei CO2-Werten einräumen. Hunderttausende VW-Autos könnten demnach mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben. Es gehe hauptsächlich um Dieselfahrzeuge, aber auch eine geringe Anzahl von Benzinern. Wie deutlich der gemessene CO2-Ausstoß über den angegebenen Werten liegt, sagte ein VW-Sprecher zunächst nicht. In dem neuen Fall geht es um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) - und damit um den Spritverbrauch. "Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800.000 Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns betroffen sein", heißt es in einer VW-Mitteilung vom Dienstagabend in Wolfsburg. Der Autokonzern bezifferte die wirtschaftlichen Risiken in einer ersten Schätzung auf rund zwei Milliarden Euro. „Schonungslose Aufklärung“
VW-Chef Matthias Müller versprach erneut eine "schonungslose" Aufklärung. "Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative." Der Aufsichtsrat reagierte in einer Mitteilung "mit Betroffenheit und Sorge" auf die neue Dimension. Nach dpa-Informationen wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag.
Bisher ging es in dem Abgas-Skandal um Stickoxid (NOX). Im September hatte das Unternehmen eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Die Software schaltet in Testsituation in einen Sparmodus. In diesem Zusammenhang musste VW bereits 6,5 Milliarden Euro zurückstellen.
Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, erklärte: "Offenbar hat VW bei der Ermittlung des Spritverbrauches illegale Techniken angewendet, um ihn nach unten zu korrigieren." Die ganze Wahrheit müsse jetzt auf den Tisch. Nötig seien zudem endlich schlagkräftige staatliche Stellen, die auch die Angaben der Hersteller nachprüfen dürfen und können. Bisher sei das nicht der Fall.
Goldman bleibt bei „verkaufen“
Bereits im Vorfeld der Bekanntgabe der neuen Manipulation der CO2-Werte hat dieUS-Investmentbank Goldman Sachs Volkswagen auf "Sell" mit einem Kursziel von 100 Euro eingestuft. Die Bilanz des Autobauers zum dritten Quartal sei nach dem Abgasskandal letztendlich unspektakulär gewesen, schrieb Analyst Stefan Burgstaller in einer Studie vom Dienstag. Der Experte kürzte seine operativen Gewinnschätzungen (Ebit) bis 2019 und begründete dies vorrangig mit voraussichtlichen Produktionskürzungen im Zusammenhang mit "Dieselgate". Außerdem hält der Experte weitere deutliche Dividendenkürzungen für möglich.
Daimler und Peugeot bevorzugen
Es bleibt dabei: Die hohe Volatilität sollte die VW-Aktie noch mehrere Monate begleiten. Gut möglich, dass der Worst-Case größtenteils eingepreist ist. Dennoch bleibt die Unsicherheit: Gibt’s es noch weitere Manipulationen, wie hoch wird die strafe letztendlich ausfallen? DER AKTIONÄR bevorzugt unter den Autotiteln weiterhin Daimler. Wer es etwas spekulativer mag, der setzt auf den Turnaround-Wert Peugeot.
(Mit Material von dpa-AFX)