Der Kurznachrichtendienst Twitter kämpft weiter mit geringen Wachstumsraten und dem schwindenden Vertrauen seiner Investoren. Am Mittwoch zogen viele Aktionäre nach verhunzten Q3-Zahlen die Reißleine. DER AKTIONÄR meint: Der Kursabsturz ist übertrieben.
Schwaches Wachstum, starke Monetarisierung
Twitters Zahlen noch einmal im Überblick: Der Konzern meldete Umsätze von 569 Millionen Dollar (+58 Prozent) und einen Gewinn vor Sonderfaktoren von 0,10 Dollar je Aktie. Beide Werte fielen deutlich besser aus als erwartet.
Bei den Nutzerzahlen setzte sich hingegen der schwache Trend der letzten Quartale fort. Hier nannte Twitter insgesamt 320 Millionen monatlich aktive Nutzer (MAU), ein Plus von 11 Prozent im Jahresvergleich, aber nur noch eines von sequenziell 1,1 Prozent.
Auf den ersten Blick stimmt es also, die Zahlen waren mies. Dass die Anleger mit ihren Panikverkäufen die Aktie aber gleich um zwölf Prozent in die Tiefe schickten, ist nach Einschätzung des AKTIONÄR übertrieben. Tatsächlich gab es auch einige Lichtblicke, etwa die Monetarisierung der Plattform. So erhöhten sich die Werbeeinnahmen gegenüber dem Vorjahr um Währungseffekte bereinigt um 67 Prozent auf 513 Millionen Dollar.
Twitter mit seinem neuen Chef Jack Dorsey ist also - allen Unkenrufen zum Trotz - sehr wohl in der Lage, Kapital aus der Plattform zu schlagen. Zukünftig könnte das sogar noch besser funktionieren, denn mit "Moments" und "Periscope" verfügt das Unternehmen über zwei relativ neue Waffen im Kampf um Marktanteile.
Der Live-Video-Dienst Periscope entwickelt sich zu einem echten Renner unter den Nutzern. Schon Mitte August meldete der Kurznachrichtendienst zehn Millionen Nutzer, aktuell dürfte die Zahl eher im Bereich um 12 bis 15 Millionen liegen.
Der "Zauber" des Dienstes, den Twitter im Frühjahr für rund 100 Millionen Dollar zukaufte, besteht in der Vermarktung archivierter Videos, denen eine kurze Werbeeinblendung vorgeschaltet wird.
Die Nutzerfreundlichkeit von Persicope gemeinsam mit Moments - der Dienst soll endlich Ordnung in das Twitter-Chaos bringen und damit private Nutzer ansprechen - könnten den Kurznachrichtendienst mittelfristig auf einen Wachstumskurs zurückführen.
Fazit: DER AKTIONÄR zählte seit dem Börsengang zu den größeren Kritikern von Twitter (und der Aktie). Neue Produkte, die den Nutzen des Kurznachrichtendienst auch für private Nutzer unterstreichen, erscheinen allerdings vielversprechend. Der jüngste Kurssturz bietet daher eine attraktive Gelegenheit, um eine erste, sehr spekulative Position aufzubauen.