Der abgebrochene Pilotenstreik im September hat der Lufthansa ihr Sommermärchen voraussichtlich nicht verdorben. Eine starke Ticketnachfrage und billiges Kerosin ließen Europas größte Fluggesellschaft die gut 1.000 ausgefallenen Flüge nach Einschätzung von Analysten verkraften. Einige erwarten, dass Vorstandschef Carsten Spohr bei der Zwischenbilanz für das dritte Quartal sogar seine Gewinnprognose für das laufende Jahr anhebt - trotz ungelöster Konflikte mit Piloten und Flugbegleitern. Die Lufthansa will ihre Quartalszahlen an diesem Donnerstag (29. Oktober) veröffentlichen.
Die Erwartungen der Analysten
Bis Dienstag befragte Branchenexperten rechnen für die Monate Juli bis September im Schnitt mit einem Konzernumsatz von 8,96 Milliarden Euro, rund sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) dürfte sogar um 34 Prozent auf fast 1,1 Milliarden Euro in die Höhe geschnellt sein. Unter dem Strich erwarten Analysten einen Gewinn von 751 Millionen Euro - ebenfalls ein Plus von 34 Prozent.
Spohr zeigte sich angesichts eines gut gelaufenen Sommergeschäfts bereits nach dem September-Streik zuversichtlich: "Wir sind optimistisch, dass wir die Streikkosten der ersten drei Quartale kompensieren können." So will er das Ziel eines bereinigten Ebit von über 1,5 Milliarden Euro 2015 erreichen, ohne die bisherigen Belastungen durch Streiks herauszurechnen. Seit Januar summieren sich die Belastungen durch die Ausstände der Piloten ihm zufolge auf etwa 150 Millionen Euro, davon 50 Millionen im dritten Quartal.
Obwohl inzwischen auch die Flugbegleiter mit Streik drohen, erwarten einige Analysten, dass Spohr bei der Vorlage der Zwischenbilanz seine Gewinnprognose für 2015 anhebt. Die neue Zielvorgabe für das bereinigte Ebit dürfte zwischen 1,6 und 1,7 Milliarden Euro liegen, schätzt Dirk Schlamp von der DZ Bank. Im Schnitt rechnen Experten bereits mit einem bereinigten Ebit in diesem Bereich.
Die Piloten hatten ihren Streik im September nach einer Gerichtsentscheidung abbrechen müssen. Das Gericht sah den Ausstand als rechtswidrig an, weil er auf eine stärkere Mitsprache der Piloten beim Low-Cost-Konzept Eurowings abziele. Mit der Billigtochter, die deutlich niedrigere Gehälter zahlt als die Lufthansa-Kerngesellschaft, will Spohr gegen Rivalen wie Ryanair und Easyjet punkten.
Inzwischen hat Spohr auch die Axt an die Führungsstrukturen der Konzernmutter gelegt. Der Bereichsvorstand der Kerngesellschaft Lufthansa fällt weg, rund 150 der weltweit mehr als 1000 Führungskräfte unterhalb des Konzernvorstands sollen gehen. Bis 2019 will Spohr die jährlichen Kosten des Konzerns dadurch um eine halbe Milliarde Euro drücken. Die ersten positiven Effekte beim Gewinn erwartet Spohr allerdings erst 2017.
Ausbruch gelungen
Mit dem jüngsten Anstieg ist der Lufthansa-Aktie der Sprung über die enorm wichtige Hürde bei 14 Euro gelungen. Nun rückt das 52-Wochen-Hoch, das Anfang Februar dieses Jahres bei 15,53 Euro ausgebildet wurde, in den Fokus. DER AKTIONÄR empfiehlt investierten Anlegern, an Bord zu bleiben und bestehende Positionen mit einem Stopp bei 12,00 Euro nach unten abzusichern.
(Mit Material von dpa-AFX)