Die Aussicht auf weiterhin sehr viel billiges Geld führt dazu, dass die Anleger neuen Mut schöpfen. Eine ganze Reihe schlechter Nachrichten wird am Freitag an der Börse ignoriert – die Kurse steigen auf breiter Front.
Die Berichtssaison läuft – und bislang läuft es insgesamt nicht rund. Nachdem am Donnerstag Wal Mart Investoren und Marktexperten mit der Ankündigung eines Gewinnrückgangs geschockt hat, haben am Freitagmorgen Nestlé und Hugo Boss die Jahresprognosen gesenkt. Nestlé wird den angepeilten Umsatz nicht erreichen, weil der Rückruf von Maggi-Nudeln in Indien, Anpassungen in der Rabattpolitik in der Hautpflege sowie eine schwächere Entwicklung in China das Geschäft belasten.
Der Modekonzern Hugo Boss leidet unter Einbußen in Amerika und Asien. Im dritten Quartal sank das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen um acht Prozent auf 168 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr senkte die Firma ihr Umsatzziel. Bisher wurde ein Plus im mittleren einstelligen Prozentbereich angepeilt, nun sind es nur noch drei bis fünf Prozent.
Am Donnerstag hatte Wal-Mart vor einem sinkenden Jahresgewinn gewarnt. Die Analysten waren von einem steigenden Ergebnis ausgegangen. Die Wal-Mart-Aktie brach daraufhin ein.
Warum steigt der DAX trotzdem?
Die Anleger schalten auf Durchzug und greifen bei Aktien zu. Der Grund: Die Hoffnung auf eine Verschiebung der Zinswende in den USA ist gestiegen. Vor einer Leitzinsanhebung wolle die US-Notenbank (Fed) eine weitere Verbesserung am Arbeitsmarkt sehen, sagte US-Notenbankvertreter William Dudley am Donnerstag. „Ich weiß nicht ob die Fed im Dezember die Zinsen anheben wird.“
Die Notenbank habe zwar eine klare Strategie, der Ausblick sei aber unklar. Dudley sei jedoch für eine Zinserhöhung im späteren Jahresverlauf, falls die Konjunkturerwartungen der Fed erfüllt würden. Im September habe man wegen der Unsicherheit mit Blick auf das Wirtschaftswachstum und wegen Sorgen um China auf eine Zinsanhebung verzichtet, sagte Dudley.
Dudley gilt als Chef der regionalen Notenbank von New York und als ständiges Mitglied im geldpolitischen Ausschuss der Fed als sehr einflussreich. In dieser Wochen hatten sich mit mit Lael Brainard und Daniel Tarullo zwei Mitglieder des Direktoriums der US-Notenbank gegen eine rasche Zinsanhebung ausgesprochen. Dies wurde an den Märkten stark beachtet, weil die Fed-Direktoren in aller Regel nicht gegen die Fed-Führung stimmen, sondern deren Position stützen.
Laut dem Analysehaus Moody's Analytics ist es in den vergangenen 20 Jahren erst zweimal vorgekommen, dass Direktoren in Zinsbeschlüssen gegen die Fed-Führung votiert habe.
Rallye voraus
Die Aussicht auf eine Verschiebung der Zinswende ist ein sehr gutes Argument für eine Jahresendrallye. Da spielen die gesenkten Prognosen der Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Anleger sollten sich in Position bringen und bei Schwäche zugreifen. Welche Aktien jetzt ein klarer Kauf sind, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des AKTIONÄR.
(Mit Material von dpa-AFX)